In Zürich wollten ein SVP- und ein EDU-Kantonsrat vom Regierungsrat wissen, was er von einem Handyverbot wie in Würenlos halten würde. Er sprach sich im Herbst 2024 dagegen aus. Nicht nur könne der Regierungsrat den einzelnen Schulen kein solches Verbot aufdrücken, da diese bei der Gestaltung ihrer Haus- und Schulordnung selbstständig seien. Die Regierung findet diese Massnahme auch ungerechtfertigt und unangemessen. Gerade bei älteren Schülerinnen und Schülern sei das ein zu grosser Eingriff in die persönliche Freiheit. Doch ermutigt der Regierungsrat die Schulen, den Handygebrauch während der Unterrichtszeiten und an Schulanlässen zu verbieten.
Forschung ist sich uneinig über Handyverbot
Wie sehr Smartphones den Schulalltag sowie den Lehr- und Lernprozess überhaupt beeinflussen, darüber ist sich die Forschung noch uneinig. Gemäss dem Faktenblatt des Dachverbands Lehrerinnen und Lehrer Schweiz (LCH) «Smartphone/Smartwatch-Regelungen an Schulen» aus dem Herbst 2024 gibt es einerseits Studien, die Verboten oder Einschränkungen ein gutes Zeugnis ausstellen. Demnach verringern sich die psychischen Probleme von Schulkindern und Mobbingvorfälle – besonders Cybermobbing – nehmen ab. Zudem verbessere sich die schulische Leistung, was besonders für leistungsschwächere Schülerinnen und Schüler gelte. Andererseits gebe es Studien, die keine signifikanten Auswirkungen von Smartphone-Verboten auf den Lernprozess erkennen könnten.
«Schulen sollen eine Kultur etablieren, die das Lernen in den Mittelpunkt stellt und digitale Technologien als unterstützende Werkzeuge betrachtet.»
Der LCH empfiehlt deshalb eine differenzierte Herangehensweise beim Umgang mit den Geräten. Ein generelles Verbot an Schulen lehnt der Verband ab. Stattdessen sollen Schulleitungen und Lehrpersonen die Nutzung individuell und stufengerecht regeln, am besten zusammen mit den Schülerinnen und Schülern. Das fördere die Akzeptanz der Regelungen. «Schulen sollen eine Kultur etablieren, die Lernen und soziale Interaktion in den Mittelpunkt stellt und digitale Technologien als unterstützende Werkzeuge betrachtet», schreibt der LCH.
Konzentrations- und Lesefähigkeit
Die Forschung fördert nicht nur spezifisch zur Nutzung des Smartphones laufend neue Erkenntnisse zutage, die Diskussionspotenzial bieten. Nach Schweden will auch etwa die dänische Regierung die generelle Bildschirmzeit an Schulen stark reduzieren. Smartphones sollen verboten und wieder vermehrt mit Papier und Stift gearbeitet werden. Laptops und weitere Geräte sollen nur noch zum Einsatz kommen, wenn es didaktisch Sinn macht. Die dänische Bildungsdirektion will damit unter anderem der schlechter werdenden Konzentrationsfähigkeit entgegenwirken.
Das Lesen auf Geräten benötigt wie das analoge Lesen didaktische Unterstützung.
Bildungsforschende warnen zudem davor, dass das Lesen am Bildschirm das Textverständnis verschlechtere. Einerseits fehle zunehmend die Übung darin, lange Texte zu lesen, anderseits sei es auch schwieriger, sich bei digitalen Texten einen Überblick zu verschaffen. Man lese am Bildschirm ungenauer und das eigene Leseverstehen werde überschätzt. Das heisst aber nicht, dass digitales Lesen per se schlecht ist. In der heutigen Welt ist es sogar unabdingbar. Doch benötigt das Lesen auf Geräten wie das analoge Lesen didaktische Unterstützung. Am Ende braucht es beides. Schliesslich geht es – wie so oft – um die Balance.