Frühjahrssession Bundesparlament

Umstrittenes Rezept gegen Mangel an Lehrpersonen nimmt erste Hürde

Für den Nationalrat reicht die Berufsmatura aus, um an einer Pädagogischen Hochschule zu studieren. Der LCH wehrt sich dagegen. Und weitere Bildungsthemen aus der Frühjahrssession des Bundesparlaments.

Nationalrat Matthias Aebischer im Nationalratssaal in Bundeshaus in Bern im Gespräch
Nationalrat Matthias Aebischer (r.) wollte mit neuen Titeln die höhere Berufsbildung aufwerten. Doch der Ständerat versenkte den Vorstoss. Foto: Parlamentsdienste 3003 Bern/Franca Pedrazzetti

Der Bundesrat muss die Auswirkungen von Schulreformen untersuchen. Der Nationalrat hat in der Frühjahrssession einen Vorstoss überwiesen, die ihn dazu verknurrt. Er wehrte sich dagegen. Die nationalrätliche Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur (WBK) schwang jedoch obenaus. Sie argumentierte, dass «Reformen und Abgrenzungsschwierigkeiten» bei Lehrerinnen und Lehrern zu den häufigsten Gründen für Kündigungen gehören. Die Reformen seien insgesamt zu wenig koordiniert und manchmal auch auf dünner wissenschaftlicher Grundlage lanciert worden, etwa beim Fremdsprachenunterricht. Die WBK verlangt deshalb eine nationale Evaluation der einzelnen Reformen. Diese soll auch die Belastung der Lehrpersonen einbeziehen, die solche Projekte nach sich ziehen.

Niedrigere Hürden für PH-Studium

Weniger im Sinne der Interessenvertretung der Lehrpersonen war ein zweiter Entscheid der grossen Kammer. Sie hiess eine Motion der WBK gut, welche die Zulassungshürden an pädagogischen Hochschulen (PH) senken will. Berufsleute mit Berufsmatur sollen ohne separate Prüfung aufgenommen werden. Laut Kommission soll diese Massnahme mithelfen, den Mangel an Lehrpersonen zu mildern.

Der Bundesrat wies vergeblich darauf hin, dass den Berufsmaturandinnen und -maturanden Kompetenzen in allgemeinbildenden Fächern fehlen würden. Ähnlich äusserte sich Dagmar Rösler, Präsidentin des Dachverbands Lehrerinnen und Lehrer Schweiz (LCH), in Medienberichten: «Der Berufsmatura fehlt die thematische Breite im Vergleich zur gymnasialen Matura oder zur Fachmatura mit pädagogischer Ausrichtung.» Als nächstes wird sich nun der Ständerat mit dem Vorstoss befassen.

Kein Bachelor und Master für höhere Berufsbildung

Auch die Berufsbildung muss nach dieser Session einen Frust verdauen. Der Ständerat versenkte einen Vorstoss, der für Abschlüsse in der höheren Berufsbildung neue Titel einführen wollte. Mit den Bezeichnungen «Professional Bachelor» beziehungsweise «Professional Master» hätten diese an Ansehen gewinnen können, ist der Berner SP-Nationalrat Matthias Aebischer überzeugt. Im Nationalrat konnte er noch einen Erfolg feiern, mit dem Nein im Ständerat erlitt sein Anliegen nun Schiffbruch.

Die Befürworter führten ins Feld, dass international operierende Firmen die Schweizer Abschlüsse zu wenig gut kennen würden. Schweizer Berufsleute hätten darum einen Nachteil auf dem Stellenmarkt. Die Gegner, darunter die Lobby der Hochschulen, warnten, dass bei einer Ausweitung der Titel Bachelor und Master die akademischen Titel in Mitleidenschaft gezogen würden.

Gesetz für familienergänzende Kinderbetreuung

In der am 17. März zu Ende gegangenen Session nahm hingegen das Bundesgesetz über Finanzhilfen für familienergänzende Kinderbetreuung die erste Hürde. Der Nationalrat behandelte das Gesetz als Erstrat und folgte dabei der vorberatenden Kommission. Ziel der Vorlage ist die Überführung der jüngst bis Ende 2024 verlängerten Anstossfinanzierung.

Der Bundesrat wehrt sich gegen das Vorhaben, das jährlich 710 Millionen Franken zur Unterstützung von Familien und 60 Millionen Franken zum Ausbau einer Politik der frühen Förderung kosten soll. Das ist Gegnern zu teuer, sie stossen sie sich daran, dass die Unterstützung zu wenig gezielt an Familien ginge, die auf einen Zustupf angewiesen sind. Befürworter möchten hingegen Mütter dazu bringen, sich auch in der Familienphase stärker beruflich zu engagieren und so den Fachkräftemangel zu mildern.

 

Autor
Christoph Aebischer

Datum

20.03.2023

Themen