Schulreise

So tönt ein Alphorn-Spazierstock

Im Klingenden Museum in den Kellern der Berner Kramgasse liegt eine eindrückliche Sammlung von rund 1600 Blasinstrumenten und Trommeln. Die Instrumente können nicht nur angeschaut, sondern auch ausprobiert werden.

Adrian von Steiger vom Klingenden Museum in Bern stellt Kindern Instrumente vor.
Adrian von Steiger führt den Kindern im Klingenden Museum in Bern vor, wie einige der ausgestellten Blasinstrumente klingen. Fotos: Lukas Tschopp

Die Kramgasse – Berns bekannteste Strasse – erstrahlt an diesem Dienstagmorgen unter stahlblauem, wolkenlosem Himmel und viel Sonnenschein in ganz besonderem Glanz. Vor dem Zytglogge tummeln sich Schaulustige und Touristen. Mittendrin in diesem sommerlich-heiteren Getümmel: Eine Mischklasse bestehend aus der ersten und zweiten Primarstufe der Schule Wabern bei Bern. Die Klasse von Lehrerin Anke Schröter ist gerade auf der Schulreise und wartet auf den Eintritt ins Klingende Museum Bern. Es befindet sich direkt an der Kramgasse im Kellergeschoss.

Vor der Treppe, die zum Eingang hinunterführt, ist ein Jagdhorn angebracht. Als die Klasse es entdeckt, versuchen die kühnsten Kinder sogleich, dem Instrument einen Ton zu entlocken. «Das ist gar nicht so einfach», ruft ein Junge in die Menge. «Lass mich mal versuchen, ich kann das!», entgegnet ein Mädchen. Danach packen die Schülerinnen und Schüler ihr Znüni aus. Noch während sie die letzten Bissen davon hinunterschlucken, öffnet Adrian von Steiger, Leiter des Museums und Museumsführer, im Kellergeschoss die Türe.

Vom Schneckenhorn zum Kuhhorn

Die Sammlung des Museums umfasst rund 1600 Instrumente, wovon die ältesten über 300 Jahre alt sind. Zum Glück für die Kinder stehen auser den historischen Originalen auch Nachbauten zur Verfügung, die das unternehmungslustige Publikum im zweiten Teil des Workshops ausprobieren darf.

«Die ältesten Knochenflöten sind über 40 000 Jahre alt.»

Zunächst präsentiert von Steiger der Klasse einige altertümliche Blasinstrumente, darunter ein Schneckenhorn, ein Kuhhorn, eine Trompete aus Elfenzahn und eine Knochenflöte, hergestellt aus dem Schlüsselbein eines Schafes. «Die ältesten Knochenflöten sind über 40 000 Jahre alt», erklärt von Steiger, der nebst seinem Engagement im Klingenden Museum auch als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Hochschule der Künste Bern im Forschungsfeld Instrumente tätig ist.

Weiter geht die Vorstellung mit einem Cornet aus Messing, vergoldet und ziseliert. Es wurde vor 150 Jahren von einem Instrumentenmacher in Paris eigens für das portugiesische Königshaus gebaut. Von Steiger spielt die Instrumente und macht das junge Publikum darauf aufmerksam, dass es letztlich die Luft ist, die für die Musik sorgt. Genauso wichtig wie die Herstellung eines Blasinstruments sei die Meisterschaft der Musizierenden, dem Instrument mit dem Atem die passenden Töne zu entlocken.

Nach dem Staunen das Spielen

Nach diesen faszinierenden Einblicken ist es nun an den Schülerinnen und Schülern, die Instrumente in die Hand zu nehmen und schliesslich darauf zu spielen. Ein Highlight der Sammlung: Eine 200-jährige Posaune mit Drachenkopf aus dem Jahre 1840, hergestellt im Bernischen Sumiswald. Ebenfalls hoch im Kurs ist das Spazierstock-Alphorn, ein hölzerner, ausgehöhlter Wanderstock, der zum Mini-Alphorn umfunktioniert wurde.

Erstklässlerin Vivienne ist von allen ausgestellten Instrumenten angetan: «Ich selbst besuche in der Musikschule Blockflöten-Unterricht. Doch die Instrumente hier im Museum sind um einiges grösser und auch spannender anzuschauen.»

«Ich spiele zwar kein Instrument, ich bin Fussballspieler. Aber diese verrückten Dinge hier sind mega cool.»

Zweitklässler Maxim wiederum findet grossen Gefallen daran, die Blasinstrumente im Ausstellungsraum nicht nur zu begutachten, sondern gleich selbst ausprobieren zu dürfen: «Ich spiele zwar kein Instrument, ich bin Fussballspieler. Aber diese verrückten Dinge hier sind mega cool. Vielleicht kann man ja einen Fussball in dieses übergrosse Saxofon stecken, und wenn man reinbläst, spickt der Ball ganz hoch hinauf?» Etwas pragmatischer geht Zweitklässler Aitan die Sache an: «Mein Vater spielt daheim klassische Trompete, ein Instrument, das ich selbst auch einmal spielen möchte. Hier im Museum gefällt mir bisher das goldene Horn am besten.»

Vielseitig, verspielt, virtuos

Goldene Hörner, Cornets, Schneckenhörner oder Drachenköpfe – die Sammlung des Klingenden Museums ist vielseitig, verspielt, virtuos. Das ist mit ein Grund, warum sich Lehrerin Schröter heuer für diesen Museumsbesuch in der Berner Altstadt entschieden hat: «Im Deutschunterricht behandeln wir zurzeit das Thema Sammeln.

Mehr Ausflugstipps für Klassen gibt es in der Rubrik Schulreise: bildungschweiz.ch > Schulreisen

Die Kinder sind im Unterricht gerade damit beschäftigt, einen simplen Schuhkarton zu ihrem ganz eigenen kleinen Ausstellungsraum umzufunktionieren. Sie kleben Steine, Hölzer, Plastikgegenstände oder Schnitzereien aus Papier und Karton hinein.» Deswegen dränge sich ein Besuch des Klingenden Museums geradezu auf, «bietet das Museum doch ein packendes Sammelsurium verschiedenster musikalischer Gegenstände, das auch junge Schülerinnen und Schüler zu faszinieren vermag», so die Klassenlehrerin.

Picknick auf dem Spielplatz

Kommt hinzu, dass sich diese stolze Instrumentensammlung in einem räumlich überschaubaren Rahmen hält, sodass Schröter und ihre Begleitperson die Schülerinnen und Schüler stets im Auge behalten können. Die Lage des Museums mitten in der Berner Altstadt spricht ebenfalls für einen Besuch. Die Klasse konnte heute morgen einfach mit dem öffentlichen Verkehr anreisen und geht nach der Führung an die Aare, um Mittag zu essen.

Gleich unterhalb der Altstadt befindet sich der Längmuur-Spielplatz. Da gibt es Sitzmöglichkeiten, Toiletten, fliessendes Wasser und mehrere Feuerstellen. «Ideal also für einen Mittagsrast», sagt Schröter. Ausserdem gibt es ein grosses Angebot an Spielmöglichkeiten: von Rutschbahnen, Kletterhütten und Wasserbahnen über Go-Karts und Fahrräder bis hin zu Bastelräumen und Tischtennistischen. Es gibt sogar ein Fussball- und ein Basketballfeld.

«Diese Trompete hat der Berner Blasinstrumentenbauer Karl Burri angefertigt, auf Wunsch des berühmten Clowns Dimitri.»

Doch bevor die Klasse ihre Mittagspause geniessen darf, zeigt von Steiger der Klasse noch die sogenannte «kleinste Trompete der Welt», die gleich neben der Eingangstür angebracht ist. «Diese Trompete hat der Berner Blasinstrumentenbauer Karl Burri angefertigt, auf Wunsch des berühmten Clowns Dimitri.» Weil Burris Mini-Trompete selbst für Clown Dimitri nicht praktisch genug war, um sie auf der Bühne vor Publikum einzusetzen, habe er sie gegen ein grösseres Exemplar eingetauscht, «um darauf etwas besser spielen zu können».

Diese letzte Geschichte aus dem Repertoire des Klingenden Museums zeigt: Für die Musik ist das Instrument nur einer der Aspekte. Der andere ist die Meisterschaft des Musizierenden. Wer weiss, vielleicht gibt es in Schröters Schulklasse aus Wabern ja das eine oder andere Kind, das in dieser reichhaltigen Blasinstrumenten-Sammlung einen Narren gefressen hat – nicht nur am Spazierstock-Alphorn oder dem Drachenkopf, sondern an Klängen, Tönen und Musik ganz allgemein.

Nützliche Informationen

Der Eintritt ins Klingende Museum kostet für eine Schulklasse inklusive Führung pauschal 150 Franken. Auch altersgerechte Führungen und Workshops für alle Schulstufen gehören zum Angebot. Vom Bahnhof Bern ist das Museum mit dem Bus oder in 15 bis 20 Minuten zu Fuss erreichbar. Für die Mittagsrast empfiehlt sich der Spielplatz Längmuur oder das Marzilibad. An beiden Orten ist der Eintritt frei. Der Spielplatz ist rund um die Uhr geöffnet. Er liegt rund 30 Gehminuten vom Bahnhof entfernt. Mehr Informationen: klingendes-museum-bern.ch, laengmuur.ch

Autor
Lukas Tschopp

Datum

28.03.2024

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