Schulreise auf dem Brückenweg St. Gallen

So hoch überquert die Eisenbahn nur hier einen Schweizer Fluss

Ein hohes Viadukt, eine Hängebrücke, eine alte Holzbrücke sind drei der Attraktionen auf dem St. Galler Brückenweg. Weitere sind das ehemalige Industrieareal Sittertal oder der Generationen-Spielplatz in Herisau.

Ausblick auf Wald und das Viadukt.
Blick auf das 99 Meter hohe Sitterviadukt, das von Zügen befahren wird. Fotos: Claudia Baumberger

Die höchste Eisenbahnbrücke der Schweiz steht am westlichen Rand von St. Gallen: Das Sitterviadukt ist 99 Meter hoch und 365 Meter lang. Über diese Brücke mit einem Gleis fährt die Südostbahn (SOB) von St. Gallen Richtung Herisau. Unter dem Viadukt fliesst die Sitter, welche die Grenze zwischen den Kantonen St. Gallen und Appenzell Ausserrhoden bildet.

Auf der Wanderung auf dem Brückenweg im Südwesten der Stadt St. Gallen gehört dieses Viadukt zu den Highlights. Doch beginnen wir von vorn: In nur gerade drei Minuten gelangt man mit dem Zug vom Hauptbahnhof St. Gallen zum Bahnhof St. Gallen Haggen, dem Ausgangspunkt des Brückenwegs.

Brücke schwankt nicht mehr

Nach einer viertelstündigen Wanderung durch das Haggen-Quartier und beim Schlössli Haggen vorbei steht man vor einer ersten Brücke, der Haggenbrücke. Sie wird auch Fachwerkbrücke Haggen-Stein oder Eisensteg Zweibruggen genannt. Die Einheimischen bezeichnen sie als Ganggelibrugg, weil sie an der Eröffnungsfeier wegen der vielen Personen ins Schwanken geriet. Gemäss einer Informationstafel sind die konstruktionsbedingten, ungefährlichen Schwankungen seit der Totalsanierung 2009 verschwunden. Ab der fast 99 Meter hohen Brücke öffnet sich der Blick in die Schluchten des Wattbachs und der Sitter.

Über die Kantonsgrenze

Der Eisensteg Zweibruggen befindet sich im Schutzgebiet Sitter- und Wattbachlandschaft, einer Flusslandschaft, die Lebensraum von geschützten und bedrohten Tieren und Pflanzen ist. Eine weitere Infotafel enthält alle wichtigen Details zum Eisensteg – beispielsweise, dass die Brücke eine der höchsten Stege Europas ist. Wer direkt über die Jochbrücke geht, kürzt den Brückenweg um eine halbstündige Wanderung ab, denn eigentlich führt dieser durch den Wald hinunter zum Wattbach. Der Wattbach wird über eine Brücke überquert, ebenso später die Sitter. Danach führt ein steiler Weg wieder hinauf zur anderen Seite des Eisenstegs in Zweibruggen.

Jetzt ändert sich die Landschaft. Es geht durch Landwirtschaftsgebiet – dieser Teil befindet sich im Kanton Appenzell Ausserrhoden. Der steile Abstieg zum Kubel gibt anschliessend den Blick auf mehrere imposante Holz- und Betonbrücken frei: Hoch oben das Sitterviadukt, darunter die gedeckte Holzbrücke über die Urnäsch und im Hintergrund die SBB-Brücke über die Sitter.

Der Wanderweg führt der Sitter entlang unter den imposanten Viadukten durch. Dieser Teil des Brückenwegs ist zweifelsfrei der eindrücklichste Abschnitt. Wenn man unter den Viadukten durchwandert, fühlt man sich sehr klein. Es scheint, als würden die Mauern in den Himmel ragen. Nach einer dreiviertelstündigen Wanderung der Sitter entlangerreicht man das ehemalige Industrieareal im Sittertal.

Materialien erspüren

Auf dem Industrieareal im Sittertal, am westlichen Ende der Stadt St. Gallen, gibt es einige spannende Gebäude. Dort befindet sich heute die Kunstbibliothek, das Werkstoffarchiv und das Atelierhaus der Stiftung Sitterwerk sowie das Kesselhaus Josephsohn, eine Kunstgiesserei und ein Fotolabor.

Das Werkstoffarchiv ist eine Sammlung von Materialmustern. Hier müssen Schülerinnen und Schüler nicht nur mit den Augen schauen. Sie dürfen die Materialien berühren. Dazu gibt es auch ein digitales Nachschlagewerk.

Die Stiftung Sitterwerk bietet für Jugendliche ab 16 Jahren Rundgänge, die rund 90 Minuten dauern. Diese geben eine Einführung in die Entstehung und Besonderheit der Stiftung Sitterwerk und die Kunstgiesserei St. Gallen. Dann werden traditionelle Wachsausschmelzverfahren und Produktionen von Kunstwerken in verschiedenen Techniken vorgestellt. Danach besucht man verschiedene Werkstätten der Kunstgiesserei, das Kesselhaus Josephsohn, die Kunstbibliothek und das Werkstoffarchiv.

Ganggelibrugg zum Zweiten

Nach dem Industrieareal Sittertal führt der Brückenweg eine Dreiviertelstunde lang auf Feldwegen und Strassen durch Wiesen und Felder. Auf dem letzten Abschnitt befindet sich ausserdem wieder eine Ganggelibrugg, wie die Hängebrücke Rechensteg auch genannt wird. Diese Brücke ist bei Kindern und Jugendlichen sehr beliebt, denn sie lässt sich sehr einfach in Schwingung versetzen.

Dieser Abschnitt endet auf der Spisegg. Der Ausflug kann aber noch ergänzt werden: Von der «Ganggelibrugg» aus erreicht man in einer Viertelstunde durch den Rechenwald hinauf das Freibad Lerchenfeld. Wandert man noch bis zum Ende des Brückenwegs, so sieht man von der neuen Spiseggbrücke auf ihre Vorgängerin, eine gedeckte Holzbrücke aus dem 18. Jahrhundert.

Badegelegenheit an der Urnäsch

Entlang des Brückenwegs gibt es im Kubel und beim Tobel gute Möglichkeiten zum Rasten und Picknicken. Beim Kubel kann man mit den Kindern und Jugendlichen in der Urnäsch auch am Wasser planschen. Die insgesamt 18 Viadukte, Hängestege, Holz- und Betonbrücken sind so etwas wie der rote Faden der Wanderung. An allen Konstruktionen finden sich Informationstafeln mit Details zum Bau, dem Baujahr oder zur Geschichte. Neben den Brücken kann im Natur- und Landschaftsschutzgebiet auch dem Vogelkonzert gelauscht werden oder die typische Tier- und Pflanzenwelt der Gewässerufer beobachtet werden.

Brückenerlebnis für die Kleinen

Für Kinder des Kindergartens und der Unterstufe könnte statt der Wanderung unter dem Sitterviadukt auch die Fahrt mit der Südostbahn (SOB) über das Sitterviadukt spannend sein. In Herisau gibt es einen attraktiven Generationenspielplatz. Der Spielplatz Kreckel befindet sich zwischen dem Altersheim Heinrichsbad und dem Sportzentrum Herisau. Die Fahrt zum Spielplatz mit der SOB und dem Bus dauert nur eine gute Viertelstunde ab dem Bahnhof St. Gallen. Der Spielplatz hat den Themenschwerpunkt Appenzellerland und bietet viele verschiedene Spielinseln, die zum Klettern, Hüpfen und zum Spiel mit dem Wasser einladen.

NÜTZLICHE INFORMATIONEN
Der Brückenweg startet beim Bahnhof St. Gallen Haggen und endet bei der Busstation St. Gallen Spisegg. Die reine Wanderzeit der gut ausgeschilderten Strecke von rund acht Kilometer beträgt etwa zwei Stunden. Der Weg verläuft an 18 Viadukten, Holz-, Betonbrücken und Hängestegen vorbei durch die Flusslandschaft des Schutzgebiets Sitter- und Wattbachlandschaft. Die Stiftung Sitterwerk bietet Rundgänge à 1,5 Stunden für Jugendliche ab 16 Jahren. Die Führungen für maximal 25 Personen kosten für Schulklassen 250 Franken, zuzüglich 5 Franken Eintritt pro Person.
Mehr Informationen: www.sitterwerk.ch

Im Suchfeld dann St. Gallen eingeben. Der Generationenspielplatz Herisau eignet sich für Kindergarten- und Unterstufenkinder. Die Kinder können klettern, mit Sand und Wasser spielen, hüpfen und vieles mehr. Es stehen viele Sitzgelegenheiten für ein Picknick zur Verfügung. Anreise: Vom Bahnhof Herisau mit den Regiobuslinien 172 oder 158 bis Haltestelle Heinrichsbad.
Mehr Informationen: www.vereinspielinsel.ch

Autor
Claudia Baumberger

Datum

22.03.2023

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