SCHULREISE

Mit Kindern staunen, was alles klingen kann

Eine Klasse aus dem sankt-gallischen Wildhaus begegnet auf einer Wanderung im Toggenburg faszinierenden Klanginstallationen. Sie gehören zum Klangweg St. Johann.

Im Wald klopft ein Mädchen auf eine metallene Oberfläche.
Mit den Fingern auf dem Waldweld zu spielen, sieht leichter aus, als es ist. Fotos: Roger Wehrli

Eine Wanderung durch das schöne Toggenburg ist an sich schon ein sinnliches Erlebnis. Von den Hängen der Churfirsten schweift der Blick über das mit Streusiedlungen getupfte Hochtal bis hinüber zum majestätischen Säntis. Die saftig grünen Wiesen sind voller Blumen und zirpender Insekten. Als ob dies alles nicht schon betörend genug wäre, warten auf dem rund acht Kilometer langen Klangweg 24 Installationen darauf, in Schwingung versetzt zu werden.

Mehr Ausflugstipps für Klassen gibt es in der Rubrik Schulreise: bildungschweiz.ch > Schulreisen

Unterwegs von Klang zu Klang

Der Klangweg zieht Leute von nah und fern an. Auch die dritte Klasse von Franziska Bischof und Anne Nolle aus Wildhaus (SG) hat sich entschieden, statt in die Ferne in die Höhe zu reisen. Bischof weiss, dass den Kindern das Wandern auf einem Themenweg leichter fällt. «Der Klangweg weckt die Neugierde. Die Posten sind so aufgebaut, dass man durch eigenes Handeln viel lernen und erfahren kann», sagt die Lehrerin.

Eine gemütliche Standseilbahn verbindet Unterwasser mit dem auf 1350 Metern gelegenen Klangweg. Wem die gesamte Tour zu lange ist, kann sich stattdessen für eine von zwei Etappen entscheiden. In die eine Richtung geht es 2,5 Kilometer zur Alp Sellamatt. Dieser Abschnitt ist kinderwagen- und rollstuhltauglich und führt an sieben Klanginstallationen vorbei.

Die andere Etappe führt in die Gegenrichtung und ist doppelt so lange. Auf dieser Route begegnen die Wandernden nicht nur 17 Installationen, sondern auch den romantisch verträumten Schwendiseen. Doch davon später.

Von geheimnisvoll bis wohlklingend

Obwohl die Wanderung weder weit noch anspruchsvoll ist, sollte für die Tour genügend Zeit eingeplant werden. Denn wo, wenn nicht hier, gilt: Der Weg ist das Ziel. Alle paar Gehminuten entdecken die Schülerinnen und Schüler ein geheimnisvolles, lustiges oder auch einmal wohlklingendes Instrument. Eines dieser Instrumente trägt den Namen Klangmühle. Es verbirgt sich in einem kleinen Holzschopf am Wegrand.

Die Klangmühle klingt weniger eintönig, als man vermuten könnte.

Die Kinder staunen, als sie die Tür der kleinen Hütte öffnen. In der Mitte des Raums steht ein riesiger hölzerner Zylinder wie eine Säule. Dieser dreht sich um die eigene Achse und ist mit 160 Saiten bespannt, die auf einen einzigen Ton gestimmt sind. An Schnüren sind Violinbögen befestigt, mit denen dem Instrument dieser eine Ton entlockt werden kann.

Die Klangmühle klingt interessanterweise weniger eintönig, als man vermuten könnte. Wenn mehrere Kinder gleichzeitig die Bögen an die drehenden Saiten halten, wird aus dem einen Ton ein beinahe orchestrales Getöse. Die Kinder lauschen konzentriert den Schallwellen, die sie da erzeugen.

Bäume aus Schalen und Schellen

Ganz andere Klänge ertönen nur ein paar hundert Meter weiter. Dort ragt der Schellenbaum in den Himmel. An ihm hängt eine Vielzahl von Glocken und Glöckchen. Jede von ihnen hat ihren spezifischen Ton und ist an einer Schnur mit Griff befestigt. Die Griffe sind mit Farbpunkten markiert. Zieht man in einer vorgegebenen Reihenfolge daran, spielen die Schellen drei verschiedene Lieder, beispielsweise «Bruder Jakob».

Der Schellenbaum ist das Lieblingsinstrument von Lehrerin Nolle. Ihre Begründung: «Alle Kinder müssen an einem Strang ziehen, denn erst durch das konzentrierte Zusammenwirken ist es möglich, ein Lied zu spielen.» Da jedoch nicht alle Glocken funktionieren, ertönt statt einer Melodie einfach ein Gebimmel. Darum verlieren die Kinder bald schon das Interesse am Schellenbaum.

Der nächste Klangkörper ist jedoch nicht weit. Dieser heisst Waldweld. Entgegen dem ersten Eindruck handelt es sich dabei weder um einen Barhocker noch um einen überdimensionierten Pilz aus Metall. Der Waldweld ist ein Idiophon. Die Schwingung für seinen Ton entsteht im Material selbst – es braucht dazu weder Saiten noch Membranen.

Die Kinder entlocken dem Schlaginstrument die Töne mittels kurzer Hiebe der einzelnen Finger. Das gelingt nicht immer auf Anhieb, was einige Kinder dazu verleitet, etwas länger zu bleiben und zu üben. Die Klänge, die sie dem Waldweld entlocken, sind zugleich beruhigend und geheimnisvoll.

Die Wellen hinter dem Klang

Der Klangweg ist ein Sammelsurium origineller Instrumente. Eine Erwähnung verdient nicht zuletzt auch der Klangschalenbaum. Er besteht aus mehreren übereinander liegenden, mit Wasser gefüllten Messingschalen. Schon ein leichter Schlag bringt das Wasser darin zum Vibrieren.

Die Schallwellen im Klangschalenbaum sind also nicht nur hör-, sondern auch sichtbar. Dieses Phänomen behandelt Bischof mit ihren Schülerinnen und Schülern auch im Unterricht für Natur, Mensch, Gesellschaft.

Fasziniert sind die Kinder der dritten Klasse auch von Löchern, die in den Felsen gebohrt wurden. Sie schlagen mit der flachen Hand drauf oder blasen in sie hinein. Dabei entstehen Geräusche, die tief aus dem Berg zu kommen scheinen.

Ein geheimnisvoller Wald

Schon bald meldet sich bei den Kindern der Hunger. Am liebsten würden sie sich mitten auf dem Wanderweg über den Inhalt ihres Rucksacks hermachen. Aber ihre Lehrerinnen, die sich in dieser Gegend bestens auskennen, können die Klasse noch etwas hinhalten. Sie erzählen der hungrigen Schar von den nahen Schwendiseen, die so schön sind, dass es sich lohnt, das Mittagessen noch ein klein wenig aufzuschieben. Tatsächlich haben sie nicht zu viel versprochen.

Ein Gürtel aus hohem Gras und Schilf umgibt den grossen und den kleinen Schwendisee.

Der Picknickplatz Schwendisee befindet sich unweit des Ufers unter prächtigen alten Bäumen. Die Feuerstelle ist sogar noch warm und die Glut reicht aus, um sofort zu bräteln. Während es sich einige Kinder im Schatten der mächtigen Tannen bequem machen, um ihr Mittagessen zu geniessen, können es andere kaum erwarten, die Gegend auszukundschaften und die Bäume zu erklimmen. Ein Gürtel aus hohem Gras und Schilf umgibt den grossen und den kleinen Schwendisee. Der grössere Weiher eignet sich auch zum Baden.

Von den Kindern jedoch kommt keines auf die Idee, schwimmen zu gehen. Zu verlockend ist der geheimnisvolle Wald. Er ist voll mit moosbewachsenen Steinen und imposanten Bäumen, hinter denen sich alles Mögliche verbergen kann. Durch den Wald fliesst zudem ein Bächlein, das die Weiher mit Wasser versorgt. Was gibt es schöneres für Kinder, als an einem solchen Ort Verstecken zu spielen, die Natur zu erkunden und der Fantasie freien Lauf zu lassen?

Nützliche Informationen

Auf den Klangweg Toggenburg gelangt man entweder mit der Gondelbahn von Alt St. Johann oder von Unterwasser mit der Standseilbahn. Die Bahnen fahren von Mitte Mai bis Mitte Oktober. Ab 10 Personen gibt es Gruppenermässigung: 7.70 Franken kostet eine Fahrt pro Kind. Eine andere Möglichkeit: Das Klangwegticket kostet 17.60 Franken. Es beinhaltet zwei Fahrten mit der Bergbahn und die Benutzung des Postautos zwischen Starkenbach und Wildhaus. Mehr Informationen: klangwelt.swiss > Klangwelt-erleben > Klangweg

Autor
Roger Wehrli

Datum

15.03.2024

Themen