Kniffliger Krimi-Trail

Lehrermord im beschaulichen Laupen

Kostenlose und interaktive Kriminaltrails sorgen für Nervenkitzel bei den Teilnehmenden. BILDUNG SCHWEIZ hat einer fünften Klasse beim Ermitteln über die Schultern geschaut.

Vier Kinder betrachten einen schwarzen grossen Sack, der auf dem Boden liegt.
Hier liegt nicht wirklich ein Leichensack auf der Gasse. Er ist nur auf dem Smartphone sichtbar. Foto: Screenshot/Neira Heim

Eigentlich ist Laupen (BE) ein beschauliches kleines Dorf. Wäre da nicht der Leichensack, der mitten auf dem Läubliplatz liegt. Darum herum versammeln sich vier Schulkinder der fünften Klasse. Der Leichensack existiert glücklicherweise nur auf dem Handy von Lehrerin Neira Heim. Dank Augmented Reality wird er dort angezeigt. 

«Das ist voll unheimlich.»

Die Technologie projiziert den digitalen Leichensack in Echtzeit in das Bild, das die Smartphonekamera aktuell erfasst und anzeigt – in diesem Fall auf den Läubliplatz. Obwohl der Sack nur digital existiert, kreischten die Mädchen einer anderen Gruppe zuvor: «Das ist voll unheimlich», bevor sie sich die Augen zuhielten.

Auf der Schulreise führt Heim die Schülerinnen und Schüler aus Interlaken nach Laupen zum abenteuerlichen Trail des Anbieters Krimispass. An 40 Orten in der Schweiz – von Giffers bis Ramosch und von Therwil bis Magliaso – bietet Krimispass im öffentlichen Raum Trails, auf denen einer von mehreren Kriminalfällen gelöst werden kann. Das Angebot ist kostenlos. Man braucht sich einzig online zu registrieren, um per E-Mail die Spielanleitung und die Standorte der Tafeln zu erhalten. Diese muss man für die Lösung des Falls ablaufen.

Mehr Ausflugstipps für Klassen gibt es in der Rubrik Schulreise: bildungschweiz.ch > Schulreisen

Der Rundgang in Laupen dauert rund zwei Stunden. Die Teilnehmenden sind in der Rolle der Ermittelnden und können an jedem Standort einen QR-Code mit dem Smartphone scannen. Dieser führt auf eine Website mit Informationen zum Fall. Das Smartphone ist das wichtigste Hilfsmittel beim Navigieren von Ort zu Ort und zum Lösen des Falls.

Per E-Mail ins Polizeiarchiv

Im Kriminalfall «Minders letzte Klasse» erfuhren die Schulkinder vom Tod eines Lehrers während eines Klassenlagers vor 50 Jahren. Auch ein Treffen von sieben damaligen Schülerinnen und Schülern ging tödlich aus.

Die Informationen, die man an den Standorten erhält, sind vielfältig: Es gibt Fotos der beteiligten Charaktere, fiktive Zeitungsausschnitte, Audiomaterial oder Lesetexte. Auch lassen sich via E-Mail im Polizeiarchiv alte Unterlagen anfordern. An drei Standorten gibt es zudem Funktionen mit Augmented Reality. Wie beim Leichensack erblickt man in das Smartphone schauend Objekte, die in Realität gar nicht dort sind. 

Nur mit den Informationen aller Stationen kann die schuldige Person lupenrein überführt werden.

Der lustige Effekt ist für die Lösung des Falls aber nicht notwendig. Am besten nimmt man Schreibzeug und Papier mit, um wichtige Hinweise zu notieren, denn man muss alle elf Stationen ablaufen, damit man die Hinweise zusammenkriegt. Nur so kann die schuldige Person lupenrein überführt werden.

Vielfältiger Zugang

«Was ist eine Obduktion?», fragen die Kinder. «Das ist, wenn man eine Leiche untersucht und schaut, ob die Person einfach so gestorben ist oder ob sie von jemandem getötet wurde», erklärt Lehrerin Heim. Obduktion, verjährt, verwitwet, Investor, Kantonsrat, Staatsanwalt, Pathologie oder Affäre: Es gibt einige Begriffe, welche die Zwölfjährigen noch nicht verstehen. 

Die Klassenlehrerin hat darum die Kinder in Vierer- bis Sechsergruppen eingeteilt, die jeweils von einer erwachsenen Person begleitet werden. Die Erwachsenen helfen, wenn die Kinder nicht weiterwissen oder wenn sie auf unbekannte Wörter stossen. Zudem müssen sie aufpassen, weil die Kinder in Laupen die stark befahrene Hauptstrasse mehrmals überqueren müssen.

Wechselnde Aufgaben

Neira Heim und die Begleitpersonen sind sich einig, dass der Krimispass für eine fünfte Klasse mit Begleitung gut lösbar ist. Er sei aber besser geeignet für Jugendliche der Oberstufe. Heim absolvierte den Rundgang vorgängig selbst. Sie erstellte für alle Begleitpersonen einen Plan mit den Standorten der Tafeln. 

In der Gruppe haben die Kinder wechselnde Aufgaben wie das Suchen von Standorten, Texte vorlesen oder Notizen machen.

Gut am Krimirundgang findet sie, dass die Distanzen kurz sind und dass sich bei den Standorten Lesetexte mit Audios abwechseln. In der Gruppe haben die Kinder wechselnde Aufgaben wie das Suchen von Standorten mit Google Maps, Texte vorlesen oder Notizen machen. Falls man einen Schauplatz nicht findet, unterstützt ein automatisierter Assistent.

Mordet immer der Gärtner?

Die letzte Gruppe ist inzwischen beim Bahnhof eingetroffen und stellt wie die anderen nun die Indizien zusammen: Haben Otto, Monika, Susanne oder Paul etwas mit der Leiche hinter dem Gebüsch zu tun? Oder war es doch Selbstmord? Und könnte nicht auch der Gärtner der Mörder sein? Schnell einigt sich die Gruppe auf die Todesursache und den Mörder und gibt den vermuteten Todeszeitpunkt auf dem Handy ein. 

«Ach ja, unsere eingegebene Zeit kann es ja gar nicht gewesen sein, weil die Tote da noch telefoniert hat»

Kurze Zeit später steht fest: Todesursache und Mörder stimmen, der Todeszeitpunkt hingegen nicht. «Ach ja, unsere eingegebene Zeit kann es ja gar nicht gewesen sein, weil die Tote da noch telefoniert hat», wendet ein Knabe ein.

Der Ausflug ist im Nu vorüber. Auf der Zugreise ins heimische Interlaken bleibt den Jugendlichen Zeit, um den Tag Revue passieren zu lassen. Man ist sich einig: Die Schulreise hat ihnen sehr gut gefallen. Sie fanden es spannend, in Gruppen unterwegs zu sein und die Lösung zum Kriminalfall aufzudecken. Auch für Lehrerin Heim war es ein sehr gelungener Tag. Sie sagt: «Die Schülerinnen und Schüler waren voll dabei.»

Nützliche Informationen

Der Krimispass ist ein interaktiver Krimi-Trail, der für Jugendliche und Erwachsene ausgelegt ist und allein oder in Gruppen absolviert werden kann. Die 41 Trails sind über die ganze Schweiz verteilt und können das ganze Jahr über gespielt werden. Es gibt bislang zwölf verschiedene Fälle. Die Teilnahme ist kostenlos. Man braucht sich lediglich online zu registrieren, damit man die Standorte des Trails erhält. Um den Kriminalfall aufzuklären, braucht es ein internetfähiges Smartphone mit vollem Akku. An den Standorten hat es Informationsschilder mit einem QR-Code. Am Schluss wird die eigene Lösung online in ein Formular eingetragen und man erhält umgehend per E-Mail die Lösung des Falls mit einer ausführlichen Erklärung zugestellt. Dauer: Je nach Fall rund zwei bis fünf Stunden. Mehr Informationen: krimispass.ch

Schloss Laupen

In Laupen lässt sich der Krimispass gut mit einem Schlossbesuch kombinieren. Zum Thema Mittelalter können thematische Führungen mit der letzten Gräfin von Laupen, mit dem Landvogt, dem Nachtwächter oder der Magd gebucht werden. Kinder und Jugendliche dürfen ein Kettenhemd oder andere Gewänder anprobieren sowie Hellebarden und Schwerter herumtragen. Eindrücklich sind die Mörderkästen im Käfigturm und die Figur des Scharfrichters im Wehrgang. Eintritt und Führung für eine Schulklasse kosten 110 Franken für 90 Minuten und 80 Franken für 60 Minuten. In der Nähe des Schlosses gibt es einen Picknickplatz mit Feuerstelle. Laupen ist mit dem Zug von Bern in 30 Minuten erreichbar. Unterrichtsmaterialien und mehr Informationen: stiftung-schlosslaupen.ch/museum

Autor
Claudia Baumberger

Datum

08.04.2025

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