«Wir können für das Foto einen Feuerball zünden.» Gino Hägler sagt dies, als wäre es das Normalste der Welt. Nur wenig später kommt aus einem Gasbehälter auf dem Pausenplatz in Bonaduz (GR) eine meterhohe Flamme geschossen. In Actionfilmen werden auf diese Weise Explosionen simuliert. Hägler ist in seinem Element: Seit fast 20 Jahren spielt der Sekundarlehrer als professioneller Stuntman in Filmen und Serien mit – etwa bei «Bestatter», «Tschugger» oder «Early Birds». Hauptberuflich unterrichtet er die Fächer Natur und Technik sowie Mathematik. Daneben verbindet der 41-Jährige mit seinen «School of Action» genannten Kursen seine Leidenschaften für Action und fürs Unterrichten.
«Die Arbeit mit Jugendlichen ist sinnstiftend und spannend.»
In seinem Klassenzimmer deutet nichts auf Häglers zweites Standbein mit Verfolgungsjagden und Stürzen hin. Auf der Wandtafel stehen Mathematikaufgaben, auf der Fensterbank offenbart ein Torso aus Plastik seine Blutbahnen und Organe.
Wo ist Hägler mehr in seinem Element: Auf dem Filmset oder im Klassenzimmer? Wenn er lange kein Filmengagement in Aussicht habe, werde er nervös, sagt er. «Dann finde ich mein Leben als Lehrer etwas bünzlig.» Nach der Arbeit auf dem Filmset wiederum kehre er gern ins «bünzlige Leben» zurück. Denn die Klasse fordere ihn genauso wie das Filmemachen, nur anders: «Die Arbeit mit Jugendlichen ist sinnstiftend und spannend», so der Lehrer.
Erste Stunterfahrungen sammelte Hägler als 23-jähriger Primarlehrer. In den Sommerferien absolvierte er eine Ausbildung beim bekannten Hollywood-Stuntman Oliver Keller. Kurz danach hängte er den Lehrerjob an den Nagel und verfolgte fast zehn Jahre lang eine Filmkarriere. In dieser Zeit war er oft im Ausland unterwegs, auch in den USA.
Teilzeit-Stuntmen haben es nicht leicht
Diesen aufregenden Lebensabschnitt, in dem er von Filmset zu Filmset reiste, möchte er nicht missen. «Das Rockstarleben ist eine Zeit lang aufregend, aber vor allem auch rastlos und anstrengend», sagt er heute. Abend- und Wochenendeinsätze, kurzfristige Verschiebungen, viele Reisen und das unsichere Einkommen seien nicht gerade förderlich für ein gesundes Sozialleben. «Die Einnahmen sind nicht planbar. Deshalb ist es in der Schweiz kaum möglich, nur von Stunts zu leben», sagt er. Das liegt einerseits am kleinen Publikum, andererseits aber auch daran, dass Action in hiesigen Filmen und Serien eher selten zu sehen ist.