Ernährung

Das Essen wird pflanzlicher – auch am Mittagstisch der Schulen

In der Stadt Zürich ist schon fast jedes zweite in Schulen servierte Menü vegetarisch. Als Argument wird auch der Klimawandel erwähnt. Neue Kochbücher unterstützen den Trend.

Ein Teller mit Brot, Hülsenfrüchten und Gemüse.
Besonders die Nachfrage nach vegetarischen Gerichten wächst. In Stadtzürcher Schulen ist fast jedes zweite Mittagessen fleischlos. Foto: Unsplash/Edgar Castrejon

Vegetarisches und veganes Essen wird immer beliebter. Das zeigt sich auch am wachsenden Angebot entsprechender Lebensmittel – von Hummus über Tofu bis zu pflanzlichen Ersatzprodukten. Dieser Umstand hat einige Schulen schon länger eingeholt – sowohl am Mittagstisch als auch im Unterricht.

Angesichts des menschengemachten Klimawandels ist das eine begrüssenswerte Entwicklung, wie verschiedene Studien bestätigen. Erst im August 2022 hat die Universität Oxford die Umweltbelastung von über 50'000 Lebensmitteln verglichen. Die Studie belegt, dass pflanzenbasierte Nahrung deutlich geringere Auswirkungen auf die Umwelt hat als tierische Produkte. Dieses Bewusstsein erreicht auch zunehmend die breite Bevölkerung. Nach dem Juli 2023 dürften sich noch mehr dafür interessieren. In diesem Monat brachen gleich 17 Tage den bisherigen globalen Hitzerekord.

Weniger Fleisch, mehr Klimasorgen

Mit Anpassungen im Menüplan kann gerade die Schweizer Bevölkerung einiges für die Umwelt tun. Sie liegt im weltweiten Vergleich im oberen Drittel, wenn es um die ernährungsbedingte Umweltbelastung geht, rechnet die Umweltorganisation WWF Schweiz.

«Wer auf Fleisch verzichtet, kann seinen Ernährungsfussabdruck um einen Viertel senken.»

Welcher Teil des Essens hierfür hauptsächlich verantwortlich ist, ist kein Geheimnis: Fleisch und Fisch mache bei Schweizerinnen und Schweizern durchschnittlich 29 Prozent der ernährungsbedingten Klimabelastungen aus, schreibt WWF Schweiz. Das macht diese Lebensmittel mit Abstand zur Kategorie mit der grössten Umweltbelastung. Andere tierische Produkte wie Milch, Eier und Butter tragen zusätzliche 17 Prozent bei und rangieren damit ebenfalls an der Spitze. «Wer auf Fleisch verzichtet, kann seinen Ernährungsfussabdruck um einen Viertel senken», hält die Organisation in einem Faktenblatt fest. «Eine vegane Ernährung verkleinert den Fussabdruck sogar um 35 bis 40 Prozent.» Diese Werte gelten im Vergleich zur durchschnittlichen Ernährung in der Schweiz.

Tatsächlich sind es auch die Auswirkungen aufs Klima, welche die eigene Ernährung am meisten beeinflussen – zumindest gemäss einer Studie von Coop. Im «Plant Based Food Report 2023» heisst es, dass für die Bevölkerung der Umweltschutz der wichtigste Grund für eine Umstellung der Essgewohnheiten ist. Erst danach folgen gesundheitliche und Tierschutzgründe.

Der halbe Mittagstisch ist vegetarisch

Wie steht es nun in den Schulen um die pflanzliche Ernährung? Da steige die Nachfrage, heisst es von menuandmore, einer schweizweiten Anbieterin von Kinder- und Jugendverpflegung. Sie ist unter anderem Vertragspartnerin der Stadt Zürich und versorgt Schulen vor Ort mit Mittagessen. Nachhaltiges und gesundes Essen steht hier im Vordergrund: «Die Nachfrage nach vegetarischen Menüs hat sich in den letzten Jahren deutlich erhöht», antwortet Geschäftsführer Markus Daniel auf Anfrage. Sie lag 2019 noch bei 34 Prozent. 2021 und 2022 sei die Nachfrage bereits auf 46 Prozent gestiegen. «Unser Ziel ist es, auf über 50 Prozent zu kommen.»

Der Geschäftsführer ist sich bewusst, dass tierische Lebensmittel wie Fleisch und Milchprodukte die meisten Treibhausgasemissionen verursachen. «Deshalb ist es wichtig, die Nachfrage nach vegetarischen Mahlzeiten weiter zu steigern», sagt er. Menuandmore arbeite dafür stets an vegetarischen Menüs, die den Geschmack der Kinder treffen sollen. Gleichzeitig reduziert der Dienstleister CO2-intensive Menüs und zeigt das vegetarische Angebot seit 2021 an prominenter erster Stelle im Menüplan.

Rein vegan ist schwierig

Vegane Mahlzeiten wären sogar noch klimafreundlicher, doch menuandmore ist damit zurückhaltend. Es gebe seit jeher Gerichte in ihrem Angebot, die schon immer vegan waren, erklärt Daniel. Doch gibt es derzeit kein fixes veganes Menü, da der Schulärztliche Dienst der Stadt Zürich und die Ernährungsberatung von menuandmore eine rein vegane Ernährung nicht empfehlen. «Eine vegane Ernährung setzt ein profundes Ernährungswissen aller beteiligter Personen voraus und birgt bei falscher Umsetzung das Risiko für eine Mangelernährung, speziell im Wachstum», so Daniel (siehe auch Infobox). Doch liefere menuandmore auf Wunsch vegane Produkte.

Kinder vegan ernähren?

Wenn sich Kinder vegan ernähren, sind rasch Bedenken da, ob das während des Wachstums überhaupt gesund ist. Doch spricht nichts dagegen, wie mehrere Studien zeigen: Jeder Mensch kann sich zu jeder Lebensphase ausgewogen und gesund vegan ernähren. Diese Position vertreten auch einige Gesundheitsministerien, ewa die von Finnland und Portugal. Wichtig ist aber folgende Voraussetzung: Man muss sich vorgängig gut informieren, vorausplanen und sich – insbesondere im Fall von Kindern – beraten lassen, zum Beispiel beim Schweizerischen Verband der Ernährungsberater und -beraterinnen. Mehr Informationen: www.svde-asdd.ch.

Grün kochen für die Schule

Der Zusammenhang von Umwelt und Ernährung spielt im Unterricht ebenfalls eine zunehmend grosse Rolle. Das weiss auch Franziska Stöckli, Lehrerin, Erwachsenenbildnerin und Initiantin vom Greentopf, dem vegetarisch-veganen Pendant zum Tiptopf. Bereits seit 2017 – zwei Jahre vor der Publikation des Greentopfs – bietet sie Weiterbildungen für Lehrpersonen an. Die ersten Kurse waren alle bis auf ein Jahr in die Zukunft ausgebucht. «Sie sind bis heute sehr gut besucht, das Interesse an der vegetarischen Ernährung ungebrochen», sagt Stöckli auf Anfrage.

«Ich will zeigen, was bei der pflanzenbetonten Ernährung alles möglich ist.»

Sie selbst ernährt sich flexitarisch, reduziert also bewusst ihren Fleischkonsum. Ihr geht es nicht darum, bestimmte Ernährungsformen zu verurteilen oder zu propagieren. «Es geht mir immer darum zu zeigen, was bei der pflanzenbetonten Ernährung alles möglich ist», erklärt die Lehrerin. «Die Menschen sollen entdecken, dass sie dabei auf nichts verzichten müssen und dass es einfach gut schmeckt.» Auch will sie zeigen, wie einfach eine ausgewogene pflanzliche Mahlzeit zubereitet sein kann und wie viele Gerichte schon seit jeher vegetarisch sind.

Mehr als Kochen lernen

Im Unterricht mit Kindern verfolgt Stöckli aber vor allem zwei Ziele: Sie sollen am Ende ihrer Schulzeit selbstständig einige Gerichte kochen können – auch in Küchen mit einfacher Ausstattung. Zudem sollen sie über ausreichend Wissen verfügen, damit sie künftig selbst eine informierte und bewusste Entscheidung darüber treffen können, wie sie sich ernähren wollen – egal, ob das mit Fleisch, vegetarisch oder vegan sein wird.

Entsprechend sollen die Schülerinnen und Schüler auch den Zusammenhang von Ernährung und Umwelt kennenlernen. Dabei findet Stöckli zwei Punkte besonders wichtig: Erstens sollten Lehrpersonen und Schulkinder erfahren, wie sich Food Waste, also das unnötige Wegwerfen und Vergeuden von Nahrung, vermeiden lässt. Zweitens sollten sie wissen, dass das Reduzieren tierischer Produkte einen deutlichen positiven Effekt auf die ernährungsbedingten Umweltauswirkungen und die Gesundheit hat.

Der Greentopf wird zum Klimatopf

Damit sich dieses Wissen noch besser verbreiten kann, entsteht derzeit der Klimatopf. «Wir sind damit eigentlich schon recht weit. Kommenden Frühling wird das Buch lanciert», verrät Stöckli. Der Fokus des Werks liegt darauf, möglichst leckere, umweltschonende Gerichte zuzubereiten. Das Ziel ist aber, dass diese auch für die Familien der Schulkinder möglichst einfach zugänglich werden. «Einige meiner Schülerinnen und Schüler haben mich gefragt, wie sie ihr Wissen aus dem Unterricht auch den Eltern vermitteln können», erklärt Stöckli. Diesen fehle je nachdem das Know-how, wie sie ihre Kinder auf einfache Weise nachhaltiger ernähren können.

Hier soll künftig der Klimatopf helfen. Er wird in der gebundenen Form Rezepte enthalten, die bereits aus dem Greentopf bekannt sind. Diese werden aber so angepasst sein, dass die Lebensmittel so umweltschonend als möglich sind. Zum Buch wird später eine Plattform mit zusätzlichen Rezepten und weiteren Informationen etwa zu Nährstoffen und CO2-Bilanz erarbeitet. Diese sollen nicht nur lehren, sondern auch inspirieren. «Der Klimatopf soll sowohl Kochbuch als auch Ratgeber für die gesamte Familie und den Privathaushalt sein», sagt Stöckli.

Sowohl am Mittagstisch als auch im Unterricht sind die Weichen also auf mehr Nachhaltigkeit und Klimafreundlichkeit in der Ernährung gestellt. Es wird sich zeigen, wie sich der Bedarf an pflanzenbasierter Ernährung weiterentwickelt.

Autor
Kevin Fischer

Datum

05.09.2023

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