Spielerische Führungen im Schaulager Basel

Wie sich das Interesse an Kunst früh wecken lässt

Zu verkopft, zu ambitioniert – der Kunstvermittler des Schaulagers Basel erklärt, wie sich solche Fehler vermeiden lassen. Er geht seine Führungen mit Kindern und Jugendlichen spielerisch an.

Kunstvermittler Andy Blättler erläutert jungen Leuten das Werk «Inferno» von Tacita Dean in der Ausstellung «Out of the Box» im Schaulager. Foto: Schaulager / Pati Grabowicz

Kunst hat den Ruf, oftmals abstrakt und darum für Kinder und Jugendliche nicht leicht zugänglich zu sein. Der Kunstvermittler Andy Blättler ist überzeugt, dass Kunst auch für junge Menschen spannend sein kann. Worauf bei der Vermittlung zu achten ist, hat er BILDUNG SCHWEIZ auf einem Rundgang durch die Ausstellung «Out of the Box» des Schaulagers Basel erklärt.

Andy Blättler steht im weitläufigen Atrium des Schaulagers. «Hier lasse ich Kinder gerne auch mal Purzelbäume schlagen», erklärt er. Er betritt einen dunklen Raum, an dessen Wand ein Video in Endlosschlaufe läuft. Darin ist die schwedische Künstlerin Klara Lidén zu sehen, die purzelnd eine Strasse runterrollt. «Bezieht man den eigenen Körper mit ein, wird Kunst für Kinder und Jugendliche sofort viel plastischer und nahbarer», sagt Blättler.

Er ist verantwortlich für die Kunstvermittlung des Schaulagers. Die Basler Institution wurde vor 20 Jahren als Lager für die Sammlung der Emanuel-Hoffmann-Stiftung gegründet. Diese Funktion erfüllt das imposante Gebäude bis heute. Ausstellungen finden nur alle paar Jahre statt. In der Zwischenzeit können Besuchende das Gebäude nur an bestimmten Tagen besichtigen – mit einer grossen Ausnahme: Für Schulklassen und Hochschulgruppen sind Besuche jederzeit möglich.

Computergame als Inspiration

Blättler führt regelmässig Klassen durch das Schaulager. «Gerade für Jüngere eignen sich dabei Spielformen als Form der Kunstvermittlung», sagt Blättler. So habe er mit einer Primarschulklasse auf einer Tour durch die jetzige Ausstellung spontan ein Spiel entwickelt, das ähnlichen Regeln folgt wie ein Computergame: «Die Kinder konnten entscheiden, welchen Raum wir als Nächstes besuchen, mussten zunächst aber eine Aufgabe lösen – quasi um das nächste Level freizuschalten.» Solche Formen der Partizipation und eine abwechslungsreiche Dynamik seien wichtige Elemente einer spannenden Kunstvermittlung.

«Kunst ist zwecklos, kann nicht abgefragt werden — ergo gibt es auch kein Richtig und Falsch.»

Zu Beginn jeder Führung legt Blättler Regeln fest, etwa dass nichts angefasst werden darf. «Anschliessend erhalten die Kinder und Jugendliche den Vortritt», sagt Blättler. Das erfordere viel Flexibilität. «Wer in der Kunstvermittlung einfach sein Programm abspulen will, erreicht die Jungen meist nicht.» Stattdessen beantwortet Blättler geduldig jede Frage und passt spontan das Programm an.

Lernziele? Nicht in der Kunst

Für Blättler ist wichtig, dass die Klassen die Kunst vor Ort erleben. «Eine Vorbereitung im Unterricht trägt das Risiko, dass die Schülerinnen und Schüler das Ganze nur aus einer bestimmten Perspektive wahrnehmen», so Blättler. In der unmittelbaren Wahrnehmung des Originals entstünden andere Möglichkeiten. Eindrücke und Meinungen seien dabei wichtiger als seine Interpretation als Kunstvermittler. Dabei helfe der Charakter der Kunst: «Hier gibt es keine Lernziele wie in der Schule. Kunst ist zwecklos, kann nicht abgefragt werden – ergo gibt es auch kein Richtig und Falsch.»

Zum Abschluss führt Blättler ins Obergeschoss des Gebäudes. Hier erhalten Schulklassen die Möglichkeit, einen Blick ins Lager, das eigentliche Herz des Schaulagers, zu werfen. Kunstvermittler Blättler spielt dabei auch gerne mal mit den Möglichkeiten der geschlossenen Räume: «Etwa, wenn ich jemanden mit Handy in einen Lagerraum schicke, der dann den anderen beschreiben muss, was er im Innern sieht.» Der Rest der Gruppe müsse anhand der Beschreibung eine Zeichnung erstellen. Anschliessend vergleicht die ganze Gruppe gemeinsam die zumeist höchst unterschiedlichen Ergebnisse.

Informationen zur Ausstellung

Die Ausstellung «Out of the Box» im Schaulager Basel läuft bis am 19. November 2023. Führungen und Workshops in dieser Zeit sind für Schulklassen kostenlos. Mehr Informationen: www.schaulager.org

Autor
Mathias Streit

Datum

23.10.2023

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