Notfallszenarien für Krisensituationen
Es gebe eine klare rote Linie, die nie überschritten werden dürfe. Dazu gehörten Schlagen und körperliche Züchtigung, betont PHZH-Dozent Bandli. Wenn es dennoch dazu komme, müsse eine Lehrperson von sich aus eine Auszeit nehmen. Wenn sie dies nicht mache, müsse die Schulleitung das Time-out anordnen. «Wichtig ist, dass die Person professionell begleitet wird, um sich mit der Situation auseinanderzusetzen.» Im weiteren Verlauf müsse seitens der Schulleitung geklärt werden, ob sie der Lehrperson wieder voll vertrauen könne, dass ein solches Verhalten nicht mehr vorkommt.
Auch für Schulleitungen seien Situationen, in denen eine Lehrperson in einem Moment überreagiere, schwierig zu handhaben, gibt Giger zu bedenken. Es sei eine grosse Herausforderung zu beurteilen, welche Intervention nach einem Vorfall nötig und sinnvoll sei. In Luzern werden in Krisensituationen deshalb auch Schulleitungen beraten.
Dass eine solche Situation nicht allein in der Verantwortung der einzelnen Lehrperson liege, merkt auch Bandli an. «Die Schule ist hier ebenso gefragt», sagt der Dozent und empfiehlt Schulen ein Notfallszenario für den Umgang mit einer Krisensituation. Schulen sollten sich in ruhigen Zeiten überlegen, was nötig ist, wenn eine Lehrperson überfordert ist. Das könne beispielweise die Vereinbarung sein, dass man ein schwieriges Kind in eine andere Klasse schicke. Schulen mit besonders herausfordernden Schülerinnen und Schülern hätten in der Regel bereits solche Bewältigungsszenarien, berichtet der Dozent.
Verbesserte Kommunikationskultur
«Lehrpersonen erleben sehr häufig Stresssituationen. Die Frage ist, wie konstruktiv sie mit einem Konflikt umgehen können», führt Bandli weiter aus. Grundsätzlich seien Lehrpersonen heute auf stressige Situationen gut vorbereitet. Auch habe sich die Kommunikationskultur gewandelt. Früher sei man mit Problemen allein gelassen worden. «Heute ist das nicht mehr so. Die Zusammenarbeit zwischen Lehrpersonen und Schulleitung wurde deutlich ausgebaut.»
«Eine wertschätzende Unterrichtskultur ist zentral.»
Studierenden gebe er immer den Satz «Ich lasse mich nicht provozieren» mit auf den Weg, so der Dozent. Wenn eine Lehrperson nur kurz die Nerven verliere und ein Kind anschreie, sei die Situation bereits ausser Kontrolle geraten. «Zentral ist eine wertschätzende Unterrichtskultur. Ich vermittle meinen Studentinnen und Studenten, dass sie es sind, die mit ihren Werten und ihrer Haltung das Klima im Schulzimmer bestimmen.» Das sei der Schlüssel.