Velo flicken leicht gemacht

In einem Workshop lernen Jugendliche im aargauischen Zofingen, wie man ein Fahrrad repariert. Mithilfe einer mobilen Werkstatt auf dem Pausenplatz geben sie ihr Wissen dann ihren Mitschülerinnen und -schülern weiter. So weckt das Projekt Velo-Lab Freude und Interesse am Velo.

In einem Veloworkshop lernen die Jugendlichen aus Zofingen Hilfe zur Selbsthilfe. Fotos: Marion Bernet

Jugendliche fahren immer weniger Velo. Um diesem Negativtrend entgegenzuwirken, bietet die Plattform Velo-Lab Kurse an Schulen an. Dort lernen Schülerinnen und Schüler, ihre Velos selber zu reparieren – und gemeinsam über die Kunst der Fahrradpflege zu fachsimpeln. In einem Kurs üben motivierte Jugendliche zudem, wie sie ihr Wissen an andere weitergeben können.

Die Schule Zofingen im Kanton Aargau hat das Angebot von Velo-Lab genutzt. An einem schönen Freitagnachmittag trifft sich nun eine Handvoll Schülerinnen und Schüler in Begleitung zweier Lehrpersonen in der Stadtsaalturnhalle. Sie wollen für ihre Schule ein Reparaturlabor aufbauen – eine Vorrichtung aus Sperrholz, ausgerüstet mit allerlei Werkzeug und Infomaterial rund ums Zweirad.

Ein Knabe befestigt ein Rad des auf den Sattel gedrehten Mountain Bikes. — Silvan Roth flickt schon seit Jahren selbst Fahrräder.

Der vierzehnjährige Silvan Roth repariert gerne Fahrräder. «Meine Velos flicke ich schon seit Jahren selber. Ich schleife sie sogar hie und da ab oder färbe sie neu. Dieses Wissen gebe ich gern an Leute von meiner Schule weiter.»

«Für viele von uns ist das Velo wichtiger Bestandteil unseres Alltags.»

Dafür hat er mit ein paar weiteren Schülerinnen und Schülern der Oberstufe besagten Workshop besucht. «Für viele von uns ist das Velo wichtiger Bestandteil unseres Alltags. Ich lege auf dem Sattel täglich mehrere Kilometer zurück.»

Besseres Fahrgefühl

Tatsächlich besuchen an diesem Nachmittag mehrere Leute das Reparaturlabor. Sie wollen etwas reparieren lassen oder brauchen eine Veloreinigung. Zum Beispiel der Oberstufenlehrer Miles Kleeb: Mit wenigen Handgriffen wird sein Citybike von der jungen Veloprofis an den Schraubstock geschraubt und dann auf Herz und Nieren geprüft. «Die Kette muss neu eingeschmiert werden», stellt Sven Guggisberg aus der siebten Klasse fachmännisch fest. Er greift zum Kettenreiniger, um danach dann neues Schmierfett auftragen zu können. Bei der späteren Probefahrt ist der Pädagoge zufrieden: «Das Fahrgefühl ist tatsächlich viel besser jetzt, viel sanfter.»

Wissenswertes zu Velo-Lab

Velo-Lab ist ein Projekt der Organisation Idee 21. Die Organisation entwickelt Strategien für nachhaltige Entwicklung. Velo-Lab bietet verschiedene Kurse an. Bei «Velo Lab Repair» lernen Teilnehmende Velos zu reparieren und ihr Wissen weiterzugeben. Mehr ist auf der Website der Organisation zu erfahren, unter anderem auch zu den anfallenden Kosten. Je nachdem übernehmen gemäss den dort gemachten Angaben auch Gemeinden oder der Kanton einen Teil der Kosten.

Ein weiterer Workshop namens «Velo Lab Coaching» ist für Lehrpersonen gedacht, die das Velo vermehrt in den Unterricht einbauen möchten. Dazu besuchen die Fachleute von Velo-Lab das Schulhaus. Es stehen Themen wie Mobilität, Gesundheit oder Schulwegsicherheit im Fokus. Das dreistündige Coaching kostet für vier bis zehn Lehrpersonen einer Schule 300 Franken. Ebenso können Lehrpersonen auf der Website von Velo-Lab eine kostenlose 45-minütige Online-Schulung zum Thema «Tipps und Tricks für Veloausflüge» buchen. In dieser Einführung erfährt man, worauf es bei der Planung einer Klassenfahrt mit dem Velo ankommt: von der sorgfältigen Routenplanung über die effektive Vorbereitung bis hin zur sicheren Navigation im Verkehr.

Mehr Informationen: velolab.org

Das Reparaturlabor für Fahrräder öffnet an der Schule Zofingen bis zu den Sommerferien noch dreimal. Zudem stehe das Werkstattteam auch für Einsätze in den Klassen zur Verfügung, wie Oberstufenlehrer Tobias Stöckli sagt. Das Team hilft zum Beispiel bei der Vorbereitung der Velos vor einer Velotour oder der Veloprüfung.

Angedacht sei zudem eine öffentliche Veloputzaktion, bei der die Jugendlichen auch kleine Reparaturen vornehmen. Die Beteiligten zeigten viel Elan und Motivation für das Projekt, erzählt er. Den Veloworkshop findet er eine wunderbare Sache. «Er sensibilisiert nicht nur die Schülerinnen und Schüler, sondern auch deren Eltern und uns Lehrpersonen für die umweltfreundliche, gesundheitsfördernde Sache des Velos.»

Fahrräder machen unabhängig

Mit dabei ist diesen Freitagnachmittag auch Norina Bürkler. Sie ist Projektleiterin bei Idee 21, der Organisation hinter dem Velo-Lab. «Das Projekt steckt noch in den Kinderschuhen», sagt sie.

Für Norina Bürkler von Idee 21 hat das Velo viele Vorteile. Diese will sie den Jugendlichen mit der mobilen Reparaturwerkstatt näherbringen.

Momentan gebe es Angebote in den Kantonen Bern und Aargau. In St. Gallen sei man am Aufgleisen eines Angebots. Mit den Projekten will die Organisation den Jugendlichen das Velo mit seinen vielen verschiedenen Facetten näherbringen.

«Man kann das Velo selber reparieren und damit zu jeder Tages- und Nachtzeit fast überall hinfahren.»

«Neben dem ökologischen und gesundheitlichen Aspekt ist das Fahrrad eben auch ein Verkehrsmittel, das komplett unabhängig macht», betont Bürkler. «Man kann es selber reparieren und damit zu jeder Tages- und Nachtzeit fast überall hinfahren. Dabei ist man weder auf ein Smartphone noch auf einen Fahrplan, ein Ticket oder eine Tankstelle angewiesen.»

Hinter dem Tresen der mobilen Velowerkstatt steht eine Gruppe von Schülern — Die Veloprofis in Zofingen stehen mit ihrem Know how bereit für die Fahrräder ihrer Mitschülerinnen und -schüler.

Den beteiligten Lehrpersonen aus Zofingen ist es wichtig, darauf hinzuweisen, dass es beim Workshop von Velo-Lab nicht darum geht, dass ein paar wenige Fahrrad-affine Jugendliche reihenweise Velos von anderen Schulkindern reparieren. Vielmehr sollen sie anhand des Projekts dazu angeleitet werden, ihren Kolleginnen und Kollegen zu zeigen, wie sie ihr Fahrrad künftig auch selber reparieren können – ohne externe Hilfestellung. «Hilfe zur Selbsthilfe», sagt Bürkler dazu.

Nach zwei Stunden Grossbetrieb auf dem Schulhausplatz in Zofingen beginnen die Beteiligten allmählich damit, das Reparaturlabor wieder abzubauen. Es wurden fleissig Fahrräder begutachtet, Ketten gereinigt, Sattelhöhen neu eingestellt oder schlaffe Pneus aufgepumpt. Für einen sicheren, aber auch lebendigen, spassigen Drahteselverkehr in Zofingen – und anderswo.