TECHNIK IM UNTERRICHT

Und plötzlich leuchten die Kartonhäuser

Technik und Elektronik machen am meisten Spass, wenn man selbst damit hantieren darf. Im Unterricht ist das aber nicht immer einfach wegen der Materialien oder den komplizierten Werkzeugen. Der Erfindertag zeigt, wie es klappen kann – ganz ohne Lötkolben.

Kinder schauen gebannt auf die Demonstration am Erfindetag.
Am Erfindetag des Vereins Explore-it werden Kinder in die Welt der Technik eingeführt. Fotos: Roger Wehrli

Was ist elektrischer Strom eigentlich? Wie stellt man ihn her und wozu braucht man ihn? Diesen Fragen gingen rund 200 Mädchen und Buben der Mittelstufe Altdorf (UR) an einem Erfindertag nach. Die Aufgabe der Schülerinnen und Schüler bestand darin, eine Solarzelle mit einem kleinem Akku zu bauen. Damit konnten sie anschliessend Strom für eine LED-Beleuchtung erzeugen. Wenn das Licht für die Solarzellen nicht ausreichte, kamen selbst gebauter Handkurbelgeneratoren zum Einsatz.

Gebaut wurde nicht nur am Erfindertag selbst, sondern bereits im Vorfeld. Zusammen mit ihren Lehrpersonen bauten die teilnehmenden Schulklassen im Unterricht aus einfachsten Materialien ein bewegliches Strommessgerät und machten kleine Experimente damit. Die Geräte kamen am Erfindertag schliesslich ebenfalls zum Einsatz.

«Als Werkzeug reichen Schere, Klebestreifen und ein kleines Messer aus.»

Hinter dem Tag steht der Verein Explore-it. Er will so einerseits ein gemeinsames Erlebnis ermöglichen und andererseits auch das Verständnis für technische Zusammenhänge fördern. Veranstalter René Providoli ist überzeugt, dass es den Jugendlichen grossen Spass bereitet, sich so mit Naturwissenschaft und Technik zu beschäftigen.

Zusammen Erfahrungen sammeln

Alle Materialien, die für den Erfindertag notwendig sind, stellt der Verein in sogenannten Lernboxen zur Verfügung. Darin hat es unter anderem LED-Lämpchen und Kabel. Auf Lötkolben und Metallsäge werde bewusst verzichtet. Dies, weil Klassenzimmer für solche Werkstattarbeiten ungeeignet seien, erklärt Providoli. Die Lehrpersonen seien zudem oftmals nicht dafür ausgebildet. «Als Werkzeug reichen Schere, Klebestreifen und ein kleines Messer aus», sagt er.

«Es schadet nicht, vorher alles in Ruhe selbst auszuprobieren. Die Abläufe werden einfacher, wenn man die einzelnen Gegenstände kennt.»

Eine der elf Altdorfer Schulklassen, die am Erfindertag teilnahmen, war jene von Lehrerin Lucia Kalbermatten. Für den Bau der Strommessgeräte seien im Vorfeld vier Lektionen nötig gewesen, erzählt sie. Interessierten Kolleginnen und Kollegen rät sie: «Es schadet nicht, vorher alles in Ruhe selbst auszuprobieren. Die Abläufe werden einfacher, wenn man die einzelnen Gegenstände bereits kennt.» Die Montageschritte seien detailliert beschrieben, und wer nicht alles verstehe, dem würden die beiliegenden Skizzen helfen. Der Klassenlehrerin war ausserdem die inhaltliche Komponente wichtig: Sie wollte, dass ihre Schülerinnen und Schüler am Ende verstehen, was Energie ist und welchen Stellenwert sie in unserem täglichen Leben hat.

Am Erfindertag selbst schliesslich richteten sich die Mädchen und Buben von Kalbermattens fünfter Klasse an drei grossen Tischen nahe beieinander ein, ihre selbstgebauten Strommessgeräte im Gepäck. Zunächst fügten sie die Solarzellen und Akkus zusammen und bauten die Handkurbelgeneratoren. Damit versuchten sie danach in Zweiergruppen, Leuchtdioden zum Leuchten zu bringen. Auch selbstgebastelten Karussellen wurde so Leben eingehaucht. Später wurden sämtliche kleinen Kraftwerke zu einem grossen Stromnetz zusammengeschlossen.

Kartonhaus mit Solarmodul

Als die LED-Lämpchen richtig verkabelt waren und ihr weisses Licht überall im Saal aufleuchtete, ging es darum, etwas Gescheites damit anzustellen. Zu diesem Zweck hatten die Organisatoren des Erfindertages viel Karton und Klebeband mitgebracht. Daraus liessen sich hervorragend Minihäuser bauen. So manche Gruppe begnügte sich aber nicht damit, nur eine Fassade zu basteln. Mindestens ebenso wichtig war ihnen das Interieur. Es wurden ganze Wohnungseinrichtungen mit Tischen, Sofas und Stühlen erstellt.

Es wurden ganze Wohnungseinrichtungen mit Tischen, Sofas und Stühlen erstellt. Auch Kühlschränke mit Licht und ein Fernseher durften nicht fehlen.

Auch Kühlschränke mit Licht und ein winziger Fernseher, überspannt mit feinem Stoff und hinterleuchtet mit einem Lämpchen, durften nicht fehlen. Sämtliche Drähte führten auf das Kartonhausdach, wo die Kinder ihre Solarmodule festgeklebt hatten. Und diese lieferten auch tatsächlich Strom. Am Ende des Nachmittags durften die Schülerinnen und Schüler ihre Werke mit nach Hause nehmen.

Zumindest für die Klasse von Lucia Kalbermatten ist das Thema nach dem Ende dieser Veranstaltung noch nicht vorbei. Denn sie möchte bis Weihnachten zusammen mit den Kindern eine Modellstadt bauen und diese mithilfe von Solarzellen elektrifizieren.

Module für den Unterricht

Der Non-Profit-Verein Explore-it will das Verständnis für Technik, Naturwissenschaften und Innovation fördern. Interessierte Schulklassen der Mittelstufe können verschiedene Module buchen und erhalten unterschiedliche Materialboxen. Mit deren Inhalt lassen sich unter anderem ein hydroelektrisches Kraftwerk, ein Stromauto oder ein Chemielabor erstellen. Derzeit sind zwölf verschiedene Module buchbar. Lehrpersonen erhalten einen Einführungskurs. Eine Lernbox, die für den Unterricht einer ganzen Klasse ausreicht, gibt es für ungefähr 200 Franken. 20 Lektionen lassen sich damit gestalten. Mittlerweile haben landesweit bereits rund 270 000 Schülerinnen und Schüler von diesem Angebot profitiert. Mehr Informationen: explore-it.org.

Autor
Roger Wehrli

Datum

13.12.2024

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