Balanceakt im Team

Über den Teamgeist von Stachelschweinen

Die Stachelschweine Arthur Schopenhauers mussten schmerzhaft lernen, dass zu viel Nähe nicht gut tut. Die Parabel des Philosophen bringt Grundsätzliches zu Gruppenprozessen auf den Punkt.

Illstration einer kleinen Stachelschweingruppe
Stachelschweine müssen gut abwägen zwischen Nähe und (Sicherheits-)Abstand. Illustration/Montage: iStock/Suraj Raheja/pdi

Wie der Philosoph Arthur Schopenhauer genau auf das Stachelschwein gestossen ist, liess sich für diesen Text nicht herausfinden. Jedenfalls erzählt er anhand dieses Nagetiers eine Parabel zu menschlichen Beziehungen, auch bekannt als Stachelschweindilemma. 1851 veröffentlichte er es in einer seiner Schriften. Es geht so:

Ein Hin und Her

Stachelschweine rücken zusammen, um sich zu wärmen. Geraten sie sich zu nah, stechen sie sich jedoch. Das ist unangenehm. Folgerichtig gehen sie dann auf Distanz, um nur allzu bald erneut die verführerische Nähe zu suchen. Idealerweise finden sie mit der Zeit den richtigen Umgang mit Nähe und Distanz. Schopenhauer zieht daraus Parallelen zu Gruppen von Menschen.

Wie so oft machts die Mischung aus: Meist enthält eine Gruppe sowohl Teamsuchende wie auch Teamflüchtende.

Teamsucher und Teamflüchter

Aus der Literatur zu Teamprozessen ist das Thema nicht wegzudenken. Da ist etwa vom Wärmetod die Rede. Tendieren Teams dazu, alle individuellen Unterschiede dem Gemeinzweck unterzuordnen, führe dies zum uninspirierenden Stillstand. Umgekehrt gefährdeten Egotrips das gemeinsame Arbeiten. Aber die beiden Tendenzen sind normal und wie so oft machts die Mischung aus: Meist enthält eine Gruppe sowohl Teamsuchende wie auch Teamflüchtende. Beide können einen fruchtbaren Beitrag leisten, wie etwa Franz Will betont, ein Supervisor und Buchautor aus München. Voraussetzung ist, dass die einzelnen Teammitglieder sich ihrer Bedürfnisse bewusst sind und ein gewisses Verständnis entwickeln können, dass es nicht allen gleich wie ihnen geht.

Idealerweise gleichen Sucherinnen und Sucher so zum Beispiel Rivalitäten aus und integrieren abseits Stehende. Die Flüchter wiederum sorgen mit kritischen Denkanstössen für neue Impulse. Ein lebendiger Teamgeist ist allemal besser als der Wärmetod.

Autor
Christoph Aebischer

Datum

30.09.2024

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