Pro & Kontra

Sind Tiere im Schulzimmer eine gute oder eine schlechte Idee?

Sarah Busenhart und Mira Pfeffel sind Lehrerinnen, die eine unterschiedliche Auffassung dazu haben, ob Tiere ins Klassenzimmer gehören. Für BILDUNG SCHWEIZ argumentieren sie dafür beziehungsweise dagegen.

Schulkinder mit Schildkröte
Leiden Tiere im Klassenzimmer oder sind sie ein didaktischer Gewinn? Es gibt Argumente dafür und dagegen. Foto: iStock/Chalabala

Was für den Einsatz von Tieren im Klassenzimmer spricht

Ich finde Tiere im Klassenzimmer bereichern den Schulalltag. Dabei sehe ich nicht nur die vielen lachenden Gesichter der Jugendlichen vor mir, die mit grosser Freude Malu im Klassenzimmer begrüssen. Ich sehe auch die wissenschaftlich nachgewiesene positive Wirkung eines (ausgebildeten) Hundes im Klassenzimmer.

Erwiesen ist, um hier nur auf eine der existierenden Theorien zu verweisen, dass durch den Kontakt eines Tieres – insbesondere durch das Streicheln – das Bindungshormon Oxytocin im Körper ausgeschüttet wird. Dieses in unserem Gehirn, konkret im Hypothalamus, produzierte Hormon wiederum wirkt sich sowohl auf physiologischer als auch auf psychologischer Ebene positiv aus. So senkt Oxytocin den Spiegel von Stresshormonen wie Kortisol, vermindert Angst und verbessert die soziale Kompetenz sowie die Fähigkeit zur Empathie.

Ein Tier kann mithelfen, die grundlegenden pädagogischen Zielsetzungen – Bildung und Erziehung – zu erreichen.

Da optimales Lernen sowohl die Freiheit von Angst und Stress als auch eine motivierende Lernatmosphäre voraussetzt, kann ein Tier (insbesondere ein Schulhund) die Lehrkraft darin unterstützen, ideale Voraussetzungen für effektives Lernen im sozialen und kognitiven Bereich zu schaffen.

Ein Tier kann also mithelfen, die grundlegenden pädagogischen Zielsetzungen – Bildung und Erziehung – zu erreichen. Tiere im Klassenzimmer verfügen somit über das Potenzial, gute Voraussetzungen für ein förderliches Lernumfeld zu schaffen. Das wiederum bildet den Grundstein jeglichen Lernens.

Mehr zum Thema Tiere im Unterricht: Cartoon «Der Einsatz von Tieren im Schulunterricht ist umstritten»

Was gegen den Einsatz von Tieren im Klassenzimmer spricht

Tiere sind keine pädagogischen Werkzeuge, sondern fühlende Lebewesen mit hochentwickelten Sinnesorganen. Sie nehmen ihre Umwelt intensiv wahr und reagieren mit ihren Instinkten.

Im Schulzimmer werden Tiere instrumentalisiert. Sie sollen das Sozialverhalten der Kinder stärken, sie Verantwortung lehren und eine positive Lernatmosphäre schaffen. Doch auch Kleintiere benötigen viel Platz, Ruhe und eine artgerechte Haltung. Tiere sind auch keine Kuscheltiere. Leider ist es darum fast unvermeidlich, dass Tiere im Schulzimmer leiden: Sie leiden unter Lärm, zu kleinen Gehegen oder unzureichender Pflege in den Ferien. Und viele Tiere leiden still.

Meiner Ansicht nach ist ein Hund das einzige geeignete Tier fürs Klassenzimmer. Aber auch dies nur sehr dosiert. Die Lehrperson muss das Wohl des Hundes priorisieren, Rückzugsorte für ihn schaffen und ihn nicht für Showeffekte einsetzen, sondern ihn durch seine blosse Anwesenheit wirken lassen.

Die Haltung von Tieren im Klassenzimmer suggeriert, dass Tiere beliebig anpassbar sind.

Unbestritten ist, dass Kinder durch die Betreuung von Tieren Mitgefühl, Fürsorge und Verantwortung entwickeln. Doch dafür braucht es keine Tiere im Klassenzimmer. Wir sollten vielmehr den Blick der Kinder für die echten Bedürfnisse der Tiere schärfen.

Die Haltung von Tieren im Klassenzimmer suggeriert, dass Tiere beliebig anpassbar sind. Statt Kindern einen respektvollen Umgang mit ihnen beizubringen, wird ein Bild vermittelt, das die Nutzbarkeit über das Tierwohl stellt. Besuche auf Lebenshöfen, wo Tiere nicht als Nutztiere leben, können eine wertvolle Alternative sein. Eine Tierpatenschaft oder Unterricht in Tierethik fördert Empathie und gilt auch als Gewaltprävention. Kinder sollten lernen, dass Achtung vor Leben bedeutet, Lebewesen nicht für eigene Zwecke zu instrumentalisieren.

Autor
Sarah Busenhart und Mira Pfeffel

Datum

16.09.2025

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