Politische Bildung

Schulklassen spielen Politik im Bundeshaus

Im Simulationsspiel «SpielPolitik!» macht eine Schulklasse aus dem Kanton Schwyz selbst Politik. Sie erarbeitete eine eigene Initiative, gründete eine Partei und fuhr nach Bern, wo sie Politikluft schnuppern durfte.

Jugendliche sitzten im Bundeshaus, wo normalerweise gewählte Volksvertreter und Volksvertreterinnen sitzen.
Schülerinnen und Schüler in den Sesseln von Nationalrätinnen und Nationalräten. Foto: Liliane Wenger

In einer direkten Demokratie sei es wichtig, Jugendliche zur Teilhabe am öffentlichen Leben zu befähigen, findet der Verein «Schulen nach Bern». Der Verein hat dazu das Simulationsspiel «SpielPolitik!» entwickelt, zu dem auch ein zweitägiger Besuch im Bundeshaus gehört.

Im Schulzimmer lernen die Schülerinnen und Schüler für das Spiel zunächst wichtiges Basiswissen zur schweizerischen Demokratie kennen. «Mit meiner Klasse habe ich im Unterricht Hintergründe zu National- und Ständerat, zur Gewaltentrennung und zur direkten Demokratie aufgearbeitet», erzählt Stefan Huber, Oberstufenlehrer an der Schule Weid in Pfäffikon im Kanton Schwyz. Zur Vorbereitung gehören auch erste Debattierversuche und das Ausformulieren einer Initiative. Die Klasse entscheidet sich dabei auch für das Thema, das sie an den Projekttagen im Bundeshaus behandeln möchte.

Zwischen Gratis-ÖV und Neutralität

Huber unterstützte seine Klasse in der Ideenfindung für die eigene Volksinitiative. Sie erarbeitete vier Vorschläge. Darunter eine Initiative für kostenlosen öffentlichen Verkehr, eine zur Neutralität der Schweiz sowie eine, die von Unternehmen verlangt, dass eine Mindestzahl an Lehrstellen angeboten wird. «Im Klassenverband hat sich schliesslich die Initiative für einen kostenlosen öffentlichen Verkehr für Jugendliche durchgesetzt», erzählt Huber.

Die Entscheidung hatte Huber seinen Schülerinnen und Schülern überlassen. «Als Lehrperson ist es je nach kursierenden Ideen schwierig, sich nicht in die Themenfindung der Schülerschaft einzumischen. Die Erfahrung zeigt, dass bisher noch jede meiner Klassen einen vernünftigen Vorschlag ausgewählt hat.» Zum Spiel gehört auch die Gründung einer fiktiven Partei. Als Namen wählte die Schülerschaft «Partei der Zukunftsmobilität» (PDZ). Und sie sammelte auch Unterschriften auf der Strasse: 100 Unterschriften kamen zusammen.

«Ich finde es eindrücklich, live mitzuerleben, wie in unserem Land Politik gemacht wird.»

Session mit einer anderen Klasse

Schliesslich machten sich Hubers Schülerinnen und Schüler auf nach Bern, um an der zweitägigen Spielsession im Nationalratssaal des Bundeshauses mit anderen über verschiedene Initiativen zu debattieren und gemeinsam Beschlüsse zu fassen. Sie trafen auf eine Klasse aus dem waadtländischen Mont-sur-Lausanne, die ebenfalls an den Projekttagen teilnahm. «Ich finde es eindrücklich, live mitzuerleben, wie und wo in unserem Land Politik gemacht wird», sagt Sarah Staub aus Päffikon gegenüber BILDUNG SCHWEIZ. Die 16-Jährige hat sich im Klassenzimmer intensiv für die Gratis-ÖV-Initiative engagiert, «weil ich als Jugendleiterin mehrmals die Woche von Pfäffikon nach Wollerau pendle». Ihr Klassenkamerad Muntesir Mohammedbrhan hätte sich hingegen lieber mit der Initiative zur Schweizer Neutralität auseinandergesetzt. «Der Ukraine-Krieg und der Nahost-Konflikt zeigen, dass sich die Schweiz nicht wirklich neutral verhält. Das sehe ich kritisch», so der 14-Jährige.

Debatte mit echten Emotionen

Die Stimmen aus der Schülerschaft zeigen: «SpielPolitik!» eignet sich primär als Vehikel, um die Mechanismen unseres Politsystems und die dazugehörige Debattenkultur kennenzulernen. Was die politischen Inhalte betrifft, spielt die persönliche Betroffenheit hingegen die entscheidendere Rolle.

Die Initiative für einen kostenlosen öffentlichen Verkehr für Jugendliche der PDZ aus Pfäffikon wurde an der Session mit 18 zu 32 Stimmen verworfen. Lehrer Huber zieht – trotz der politischen Niederlage – zum Simulationsspiel ein positives Fazit: «Die Durchführung ist zwar aufwendig, aber lohnenswert. Meine Schülerinnen und Schülerinnen waren super motiviert bei der Sache.» Dies auch deshalb, weil sich die Debatte nicht wie üblich aufs Klassenzimmer beschränke und im ehrwürdigen Nationalratssaal ihren Höhepunkt finde.

Infos zum Spiel

Das Plan- und Simulationsspiel «SpielPolitik!» ist ein Projekt des Vereins «Schulen nach Bern». Der Dachverband Lehrerinnen und Lehrer Schweiz ist einer der Partner des Vereins. Das Spiel richtet sich an Klassen des Zyklus 3. Pro Schülerin und Schüler kostet die Teilnahme 70 Franken. Mehr Informationen: schulen-nach-bern.ch

Autor
Lukas Tschopp

Datum

07.02.2024

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