Sollten Lehrpersonen offen kommunizieren, wenn sie Mitglied einer Partei sind?
Wenn Schülerinnen und Schüler die Lehrperson direkt darauf ansprechen, sollte man transparent sein. Eine proaktive Kommunikation braucht es aber nicht – in anderen Berufen spielt die Parteimitgliedschaft ja auch keine Rolle.
«Auch in einem Verein oder bei der Pfadi lernt man seine eigene Meinung zu vertreten.»
Minderjährige dürfen nicht abstimmen. Wo ist politische Partizipation für Kinder und Jugendliche überhaupt möglich?
Schweizweit gibt es unterschiedlichste Angebote. In Bern etwa gibt es sowohl ein Kinder- als auch ein Jugendparlament. Aber auch in einem Verein oder bei der Pfadi lernt man, seine eigene Meinung zu vertreten oder sich in ein Team einzugliedern. Beides sind für mich politische Kompetenzen im weiteren Sinne.
Sie haben sich wiederholt, wenn auch bisher erfolglos, für das Stimmrechtsalter 16 eingesetzt. Was erhoffen Sie sich davon?
Ein tieferes Stimmrechtsalter würde die Lücke schliessen zwischen der Theorie, die wir alle in der Schule lernen, und dem Moment, in dem wir tatsächlich abstimmen dürfen. Könnten die Jugendlichen das Gelernte direkt anwenden, würde die politische Bildung in Schulen automatisch attraktiver.
Wie steht es um andere Bestrebungen zur Förderung der politischen Bildung?
Grundsätzlich herrscht in der Schweizer Politik der Konsens, dass politische Bildung gestärkt werden muss. Trotzdem lehnte der Ständerat dieses Jahr eine parlamentarische Initiative von mir ab, die eine Stärkung der politischen Bildung in der Berufsbildung zum Ziel hatte. Wenn es konkret wird, gibt es folglich noch viel Verbesserungspotenzial. Andere Länder sind da deutlich weiter.
Haben Sie konkrete Beispiele?
Beeindruckend ist etwa, was in Deutschland die Bundeszentrale für politische Bildung alles leistet. Ähnliches ist für die Schweiz wünschenswert. Der Diskurs darüber, was politische Bildung sein soll, ist in vielen Ländern weiter als bei uns.
Wie engagiert sich die Stiftung Dialog für die politische Bildung?
Wir verstehen uns einerseits als ein Netzwerk, das Menschen aus der Politik, der Forschung und weiteren Bereichen zusammenbringt und so neue Ideen ermöglicht. Andererseits setzen wir eigene Projekte um – etwa die Koordination des internationalen Tages der Demokratie oder das Wahlprojekt GoVote2023 zusammen mit anderen Organisationen.
Und welchen Beitrag zur politischen Bildung leisten Sie persönlich?
Für Interessierte biete ich auch zwischen den Sessionen Bundeshausführungen an. Dazu reicht eine Anfrage per Mail an mich. Immer wieder kommen so auch Schulklassen vorbei. Dabei zeigten sich bereits Viertklässlerinnen und Viertklässler sehr interessiert an den Abläufen im Bundeshaus. Das zeigte mir: Politisches Interesse ist keine Altersfrage.