WEITERBILDUNG

Lego gibt Antworten auf komplexe Fragen

Mit Legosteinen lassen sich Welten bauen und Probleme in Teams spielerisch lösen – auch an Schulen? Einblick in eine Weiterbildung für Lehrerinnen und Lehrer zur Methode Lego Serious Play.

Eine Frau setzt Legos zusammen.
Das Legomodell ist ein Schritt in der Problemlösungsmethode «Lego Serious Play». Fotos: Philipp Baer

Die Stimmung im Dachstock des Schulhauses Zentral in Volketswil (ZH) ist heiter. Rund 20 Erwachsene sitzen vor Legosteinen und tauschen sich rege aus. Sie lernen heute eine Problemlösungs- und Kreativmethode kennen, die der Spielzeughersteller Lego ab Mitte der 1990er-Jahre entwickelte. Die Teilnehmenden arbeiten als Lehrpersonen oder in Schulleitungen und Schulpraxisberatungen.

«Lehrpersonen erkennen den Mehrwert und adaptieren die Methode kreativ im Klassenzimmer.»

«Lego Serious Play», kurz LSP, fasste zunächst als Strategie- und Visionsarbeit in der Geschäftswelt Fuss. Heute kommt es vermehrt auch in Schulen zum Einsatz. Das Konzept basiert laut Lego auf Erkenntnissen aus Psychologie, Pädagogik, Neurowissenschaften und Management.

Silvio Dietrich ist Primarlehrer und zertifizierter LSP-Coach. Er setzt LSP an Weiterbildungskursen zur Teamentwicklung ein (siehe Box). Dabei entstehe auch oft ein kreativer Transfer: «Lehrpersonen erkennen den Mehrwert und adaptieren die Methode kreativ im Klassenzimmer – etwa für Reflexion, Rollenklärung oder Ideensammlungen mit Lernenden.»

Brücke, Schildkröte und Vision

In Volketswil werden die Teilnehmenden am Vormittag von ihm und Coachin Anja Waeber in die Methode des ernsthaften Lego-Bauens eingeführt. «Wir holen die Teilnehmenden in ihrem beruflichen Alltag ab, indem wir sie gegenseitig die schönen Seiten ihres Berufes erläutern lassen», erklärt Dietirich. Dann geht es bereits ans Bauen.

Vom Konkreten führt der Kurs bald in die Welt des Abstrakten.

Die erste Konstruktion ist eine Brücke, die aus 56 Teilen ohne Anleitung gebaut werden muss. Das Ziel ist, dass die Hand des Nachbarn darunter passt. In einer zweiten Phase bauen die Teilnehmenden eine Schildkröte nach Anleitung. Vom Konkreten führt der Kurs bald in die Welt des Abstrakten. Die gestellten Fragen sind zukunftsgerichtet, mittels Gespräche über die gebauten Legomodelle ergeben sich mögliche Antworten. So haben die Teilnehmenden nun fünf Minuten Zeit, um aus je 56 Lego-Steinen ein eigenes Modell zur Frage «Wie sieht deine ideale berufliche Zukunft aus?» zu bauen.

Bunte Sanduhren laufen, ein Gong zeigt an, wann die Zeit vorbei ist. Nun haben alle je 90 Sekunden Zeit, den anderen in der Gruppe anhand des eigenen Modells zu erklären, welche Gedanken und Ideen zur beruflichen Zukunft entstanden sind. Die anderen hören zu und können im Anschluss dazu Fragen stellen.

Eine Teilnehmerin hat ein kreisförmiges Modell gebaut, welches das Miteinander im Team symbolisiert. In der Mitte thront auf einer kleinen Stele eine Legoblume, die für die Schulleitung steht: «Man kann dieser Person auch wohlwollend gegenüberstehen, auch wenn es gerade keinen Anlass dafür gibt», erklärt sie. Eine andere Teilnehmerin hat ihre persönlichen Bedürfnisse nach Freizeit und Freiräumen in ihr Modell integriert.

Alle sind engagiert am Konstruieren, Reflektieren, Erklären. Der Fokus auf eine Vision, einen gewünschten Idealzustand beflügelt. Es entstehen Geschichten, die zum Handeln anregen können. Viele Teilnehmende bemerken dabei eine Klarheit im Denken. Anja Waeber bestätigt: «Es passiert etwas beim Machen. Indem man ein Thema mit Lego darstellt, fällt eine emotionale Ebene weg. Das vereinfacht das Sprechen über ein Thema.»
 

Etwas stiller wird es bei der nächsten Frage: «Wie sieht für dich die schlimmste Zukunft für unsere nächste Generation aus?» Wiederum folgen fünf Minuten Modellbau. Ein Teilnehmer hätte gerne mehr graue oder schwarze Legosteine für den «Horror» gehabt. Auf herzförmigen Post-it-Zettel notieren sich die Teilnehmenden anschliessend Antworten auf die Frage: «Mit welchen drei Handlungsmöglichkeiten kannst du dazu beitragen, dass diese Horrorvision nicht eintrifft?»

Einsatzmöglichkeiten sind vielfältig

Teilnehmerin Lucretia Emma-Ruffner, Schulleiterin und Schulpersonalberaterin, ist skeptisch. Mit Horrorszenarien in solchen Teamaufgaben wäre sie vorsichtig. «Bei Krisensituationen würde ich anders vorgehen.» Sie sieht Einsatzmöglichkeiten für Lego Serious Play eher bei Bewerbungen, bei Mitarbeitergesprächen oder in der Schulentwicklung. Sandra Altermatt, Schulleiterin in Volketswil und Mitorganisatorin der Veranstaltung, sieht es ähnlich: «Ich werde die Methode im Team sicher einsetzen, aber ich sehe die Grenzen dort, wo es ins Negative geht.»

«Vieles löst sich ganz schnell, wenn man sich auf das Wesentliche beschränken muss.»

Magda Balzer, Schulpraxisberaterin und Schulsupervisorin aus Graubünden, ist beeindruckt davon, was unter Zeitdruck alles entstanden ist: «Man denkt, man braucht viel Zeit, um Dinge zu klären. Aber ich glaube, vieles löst sich ganz schnell, wenn man sich auf das Wesentliche beschränken muss.» Ihr gefällt das Spielerische der Methode.

Einsatzmöglichkeiten sieht Balzer im Coaching von Lehrpersonen. «Ich werde dies sicher ausprobieren. Dabei wird es auch um die ideale Vorstellung von Schule gehen.» Auch die Frage, was es braucht, damit ein Team gut funktioniert, steht für Balzer im Zentrum.

In der Schlussrunde wählen alle Teilnehmenden einen einzelnen Legostein, der den Tag so gut wie möglich zusammenfassen soll. Während 30 Sekunden geben sie eine Rückmeldung dazu, was vom Tag bleibt: viele Ideen, ein Hoffnungsblick, Klarsicht, Durchblick, Einblick, Türöffner und Mut zum Abheben.

WEITERBILDUNG FÜR DIE SCHULE

Einzelpersonen oder Teams, die sich für eine Weiterbildung interessieren, finden auf theseriousplayer.com die offiziellen Kursleiterinnen und Kursleiter. Die Beratungsfirma Squola.ch von Silvio Dietrich ist auf die Durchführung von Kursen für Personen im Bildungsbereich spezialisiert. Eine ganztägige interne Weiterbildung mit einem Team von bis zu 15 Personen kostet zirka 2400 Franken (exklusive Spesen). Für ein Einzelcoaching gelten die jeweiligen Stundenansätze der Coaches zwischen 160 und 200 Franken pro Stunde. 100 Lego Explorations Bags (mit jeweils 56 Steinen) sind bei Lego.com für 399 Franken erhältlich. Es gibt aber auch noch weitere Sets für grössere und gemeinsame Settings.

Autor
Irene Schertenleib

Datum

12.06.2025

Themen