Worauf sollten Lehrpersonen achten, wenn eine Schülerin oder ein Schüler einen geliebten Menschen verloren hat?
Wenn ein nahestehender Mensch stirbt, bringt dies nicht nur die Familienstruktur, sondern das ganze Leben aus dem Gleichgewicht. Reaktionen auf einen schweren Verlust können sehr vielfältig sein. Alles ist normal, denn Trauer hat unterschiedliche Gesichter und ist individuell. Wichtig ist ein wertefreies Verständnis von uns Erwachsenen. Das betroffene Kind sollte, wenn möglich, in Entscheidungen einbezogen werden, gerade wenn es darum geht, das schulische Umfeld zu informieren. Gesprächsbereitschaft zu signalisieren und Unterstützungsangebote zu machen, ist zentral, auch wenn die Schule grundsätzlich ein trauerfreier Ort sein soll. Kinder schätzen, wenn sie in der Schule eine Auszeit von der Trauer bekommen. Je nach Entwicklungsstand sind ihre Bedürfnisse sehr verschieden. Wichtig erscheint mir, dass die Lehrperson sich mit ihren eigenen Verlusterfahrungen auseinandersetzt, sich Wissen um die Trauer aneignet oder sich von einer Fachperson beraten oder begleiten lässt.
Wann merkten Sie als langjährige Pädagogin, dass Ihnen Trauerbegleitungen liegen?
Es begann alles mit der Krebsdiagnose von unserer Mam. Gemeinsam mit meinen Geschwistern holte ich sie vom Hospiz zum Sterben nach Hause. Wir begleiteten sie bis zu ihrem Tod. Es war zutiefst schmerzhaft und zugleich berührend schön. Vor 15 Jahren wurde mir bewusst, dass ich diese Erfahrung auch anderen Menschen möglich machen wollte. Das war mein Antrieb. Ich bildete mich weiter, die Themen Verlust, Tod und Trauer liessen mich nicht mehr los. Als Sterbebegleiterin vom Verein Étoile begegnete ich sterbenskranken Menschen und ihren Angehörigen. In der Weiterbildung zur Kinder- und Jugendtrauerbegleiterin wurde mir plötzlich klar, dass mein Fokus auf dem Thema Kindertrauer liegen sollte, da Kinder schon immer eine grosse Rolle in meinem Leben gespielt hatten. Heute bin ich sehr dankbar und glücklich, nebst meiner Tätigkeit als Lehrerin an einer Sonderschule auch den Verein Pippilotta Kindertrauerbegleitung präsidieren zu dürfen. In beiden Berufsfeldern steckt mein Herz.