Manchen Kindern fällt der Abschied von den Eltern sehr schwer. Während ein Mädchen, das zum ersten Mal in der Gruppe ist, seelenruhig mit den Puppen spielt, schreit und weint ein Junge beim Abschied von der Mutter, als ob er sein Mami nie wieder sehen würde. Das sind Momente, die dem fünfköpfigen Projektteam viel Fingerspitzengefühl und Professionalität abverlangen – sowohl im Umgang mit dem Kind als auch mit dessen Eltern.
Kann sich ein Kind kaum beruhigen, lassen sich manchmal auch andere von dessen herzerweichendem Weinen anstecken. Dann gilt es, sich besonders liebevoll um die Kleinen zu kümmern und sie so geschickt wie möglich abzulenken. Das gelingt beispielsweise mit spannenden Spielsachen – oder wie am Tag des Besuchs von BILDUNG SCHWEIZ mit einer schönen Geschichte, die Heinzmann mit grosser Gestik vorträgt, nachdem sich alle im Kreis versammelt haben. Schon kurz darauf beruhigen sich selbst die aufgeregtesten Kinder.
Grundregeln des sozialen Miteinanders
Verse, Lieder und Geschichten schaffen im Schnupperkindergarten eine beruhigende Atmosphäre. Da geht der Trennungsschmerz schnell vergessen. Auch die Ruhe und die Gelassenheit von Heinzmann und ihren Kolleginnen tragen dazu bei. Diese und andere Momente lassen immer wieder die Grundsätze von Heinzmanns Projekt durchscheinen. Das wichtigste Ziel ist, dass die Kinder sich mit sich selbst und mit ihrer Umgebung auseinandersetzen können. Nebst den Sinneserfahrungen stehen der Austausch und die Kontaktaufnahme zu den anderen Kindern im Zentrum.
Die meist aus fremdsprachigen Kleinfamilien stammenden Kinder können an diesem Ort das üben, was für das ganze weitere Leben von zentraler Bedeutung sein wird: Kommunizieren, Zuhören, Rücksichtnahme und Durchsetzungsvermögen – die Grundpfeiler eines sozialen Miteinanders.
Die Pädagoginnen halten geschickt die Balance zwischen Hoch- und Walliserdeutsch.
Ausserdem, und das ist beinahe ebenso wichtig, tauchen sie nach und nach in die hier gebräuchliche Sprache ein. Die Pädagoginnen halten dazu geschickt die Balance zwischen Hoch- und Walliserdeutsch. Mal kommt in einer kleinen Geschichte das eine, mal in einem Liedchen das andere zum Tragen.
Aktiver Umgang mit Herausforderungen
Die Gemeinde Visp ist kein dörfliches Walliser Idyll, sondern ein Industriestandort und wichtigster Arbeitgeber der Region. Das hat in erster Linie mit dem hier ansässigen Pharmazulieferer Lonza zu tun. Die Arbeitnehmenden kommen aus zahlreichen Ländern und verschiedenen sozialen Schichten.
Die industrielle Entwicklung hat sich in den letzten Jahren markant beschleunigt, was sich auch auf die Zusammensetzung der Bevölkerung auswirkt. Die schulischen Herausforderungen werden dadurch nicht kleiner.
Das hat die Gemeinde frühzeitig erkannt und dementsprechend positiv auf das von Heinzmann eingereichte Frühförderprojekt reagiert. Seit 2017 unterstützt sie es sowohl ideell als auch finanziell. Die Idee: Je besser ausländische Familien mit der hiesigen Gesellschaft und Kultur vertraut gemacht werden, desto einfacher fällt die Integration in das hiesige Schulsystem.