Sie gründeten die Kita 2011. Mittlerweile haben etliche Firmen Kitas eröffnet. Ist das gut fürs Image?
Das ist schon so. Unsere Kita betreut aber nicht so viele Kinder von Mitarbeitenden. Das ist in Betrieben mit Schichtbetrieb wie Spitälern anders. In betriebsinternen Kitas ist zudem Verständnis da, wenn beispielsweise eine Operation länger dauert und die Eltern ihr Kind deswegen erst später abholen können.
2011 gab es auch zu wenig Betreuungsplätze. Das ist heute nicht mehr unbedingt so. Wie sehen Sie das?
Das sieht von Kanton zu Kanton unterschiedlich aus. Die Romandie und das Tessin sind weit voraus. Kantone wie Zürich und Bern haben aufgeholt. Im Aargau sieht es eher wie in der Innerschweiz aus: Wir befinden uns am Ende der Skala. Seit 2016 gibt es zwar ein Gesetz, das die Gemeinden verpflichtet, ein bedarfsgerechtes Angebot zu schaffen. Wie dieses aussieht, können aber die Gemeinden selbst definieren. Etliche Gemeinden sind auch heute noch der Ansicht, bei ihnen gebe es keinen Bedarf.
Die familienexterne Kinderbetreuung in der Schweiz ist teuer. Wieso?
Kosten von 120 bis 130 Franken für zwölf Stunden Betreuung inklusive Essen sind eigentlich gar nicht so viel. Dennoch belastet das die Budgets vieler Eltern, da die staatliche Unterstützung fehlt.
Letzteres stimmt aber nicht überall.
Es gibt tatsächlich grosse Unterschiede. In der Romandie und im Tessin ist die Unterstützung gross, in Luzern gibt es Betreuungsgutscheine. Meistens unterstützt die öffentliche Hand aber nur Familien mit tiefem Einkommen.
Nun haben Sie als FDP-Grossrätin einen Vorstoss lanciert, der staatliche Unterstützung fordert. Das ist doch einigermassen erstaunlich, nicht?
Meine Partei war auch überrascht. Den Vorstoss arbeitete ich mit einer Politikerin aus der Mitte aus. Wir waren der Ansicht, dass dies in erster Linie ein Frauenanliegen und nicht ein parteipolitisches Thema ist. Eingereicht wurde er von Frauen und Männern aus bürgerlichen bis hin zu linken Parteien. Damit haben wir eine Chance, den Anliegen Schub zu verleihen. Frauen würden mehr arbeiten, wenn sich die Arbeit finanziell lohnt. Dazu gibt es Fakten.
Mittlerweile hat die SP auf nationaler Ebene eine Volksinitiative eingereicht. Sie verlangt, dass Betreuungskosten nicht mehr als zehn Prozent des elterlichen Einkommens ausmachen dürfen. Ist das in Ihrem Sinn?
Nein. Die Grenze muss höher liegen. Sonst reduzieren Eltern mit gutem Einkommen ihr Arbeitspensum und die Allgemeinheit trägt die Kosten für die Betreuung ihrer Kinder mit. Der Mittelstand und vor allem Familien mit tiefem Einkommen können sich diesen Luxus nicht leisten. Zudem ist der Nachweis der Einkommenssituation sehr aufwendig, da diese variiert.
Wie funktioniert Ihr Vorschlag?
Wir möchten, dass insgesamt die Arbeitspensen erhöht werden. Dann fliessen wegen der höheren Arbeitsleistung auch mehr Steuern, und zwar von den Angestellten wie von den Unternehmen. Ein Teil dieser Mehreinnahmen kann der Staat dann zur Subventionierung der Kinderbetreuung einsetzen. Das ist unsere Idee.
«Was uns wichtig ist, würde durch die Kita-Initiative kaum verbessert.»
Ihre Kita ist auch Mitglied des Branchenverbands Kibesuisse, der die Initiative ebenfalls nicht unterstützt. Dies unter anderem, weil die Initiative zu wenig auf die Qualität der Betreuung fokussiere. Teilen Sie diese Ansicht?
Ja. Mit der Initiative würde die Nachfrage vergrössert. Dies aber aus einer Konsumhaltung heraus. Was Kibesuisse und auch uns wichtig ist, würde durch die Initiative kaum verbessert: die pädagogische Qualität der Betreuung. Stattdessen versickert das Geld wirkungslos.
Das Bundesparlament will einen Gegenvorschlag zur Initiative. Der Nationalrat sieht dafür viel Geld vor, der Ständerat hat im Dezember einer Betreuungszulage zugestimmt, die massgeblich von Unternehmen finanziert würde. Welche Lösung bevorzugen Sie?
Ich bin gegen beide. Jene des Nationalrats sieht zu hohe Beiträge vor und jene des Ständerats bittet die Falschen zur Kasse. Ich bin für eine über die Steuern finanzierte Unterstützung, aber nicht in der vorgesehenen Höhe. Konkret ausgestalten sollen die Lösungen die Kantone.
«Pro Jahr finden 150 Personen nach dem Kita-Praktikum im Aargau keine Lehrstelle.»