AUSSTELLUNG

Gedankenspiele zu Demokratie und Vögeln aus Grönland

Das Museum Luzern geht den grossen Fragen unserer Demokratie auf den Grund. Die Ausstellung ist so überraschend wie herausfordernd – auch für Schulklassen.

Ein Hut und ein Schmetterling halten sich die Waage.
Mit Objekten aus der Sammlung thematisiert das Museum die Komplexität der Demokratie. Foto: ZVG

«Was wiegt Demokratie?», fragt das Museum Luzern an seiner neuen Ausstellung. An elf Stationen in unterschiedlichen Häusern des Museums werden Sammlungsobjekte von der Guillotine bis zum ausgestopften Vogel aus Grönland symbolisch gewogen: Die Exponate werden in einen grösseren Kontext gestellt und es tun sich Fragen zu den demokratischen Rechten in Gesellschaft und Natur auf.

«Es gibt nicht nur Rechte für Menschen, sondern auch für Tiere und Natur.»

Den Anfang macht provokativ die Guillotine. Was bedeutet die Todesstrafe? Wie passt Gewalt zu Menschenrechten? Und wie sieht der Kampf um Freiheit und Demokratie aus? Die Kuratorin und frisch angetretene Museumsleiterin Tanja Warring hat auf eine spielerische Szenografie gesetzt, um die komplexen Themen zugänglich zu gestalten. «Es ist kein sim-ples Thema und wir haben einen hohen Anspruch. Es ist uns bewusst, dass wir das Thema Demokratie in der Ausstellung nur ‹antupfen› können», sagt sie.

Benötigt Demokratie Bildung?

Bewusst wird der Demokratiebegriff nicht nur mit Geschichte und Gesellschaft, sondern auch mit Natur verknüpft. Das macht die Ausstellung überraschend. «Es gibt schliesslich nicht nur Grundrechte für Menschen, sondern auch für Tiere und Natur», sagt Warring. Aber letztlich bestimmt der Mensch, was mit der Natur passiert und welche Rechte sie hat. Wem ist schon bewusst, dass der Moorschutz als Schweizer Eigenheit in der Verfassung festgeschrieben ist? Und müsste dementsprechend auch der Klimaschutz eingeklagt werden können? Schnell steckt man mitten in aktuellen Fragestellungen.

«Demokratie ist anspruchsvoll»

Die Gedankenexperimente und Antworten werden, wie in demokratischen Prozessen üblich, schnell komplex. Und für einen wirklichen Diskurs und gute Debatten braucht es informierte Bürgerinnen und Bürger. «Demokratie ist anspruchsvoll», sagt Warring. Darum ist das über 70 Seiten starke Begleitheft – analog zum altbekannten Abstimmungsbüchlein – ein unverzichtbarer Teil der Ausstellung. Besuchende werden zudem dazu aufgefordert, bei jeder Station ihre Stimme in gläsernen Urnen abzugeben.

Wer sich darauf einlässt, wird mit überraschenden und erhellenden Zugängen belohnt. So wird an einer Station mit einer historischen Schulbank die Frage gestellt: Funktioniert Demokratie nur mit einem guten Bildungssystem? Dafür wollten die Ausstellungsmacherinnen vom Luzerner Kinderparlament wissen, warum es die Schule braucht. Die Antworten reichen von «damit das Volk nicht verblödet» über «damit man Geld ausgeben kann» bis zu «für Fussball und für nichts».

Fördert Diskussionen in der Klasse

Bleibt die Frage: Was hat der Vogel aus Grönland mit Demokratie zu tun? Eine eindrucksvolle Grönland-Vitrine markiert das Ende der Ausstellung. Sie zeigt Exponate des Lehrers, Konservators und Naturwissenschaftlers Hans Bachmann. Er brachte sie von seiner Grönland-Reise im Jahr 1908 mit nach Hause. Um Fragen im Umgang mit Relikten aus der Kolonialzeit und mit Eigentumsrechten kommt kaum ein Museum mehr herum. «Auch in der Schweiz hat man sich kolonialistisch verhalten. Darum betrifft die Provenienzforschung auch unser Museum», sagt dazu Konservator Benedict Hotz. Und das wiederum hat Potenzial für anregende Diskussionen mit Schülerinnen und Schülern: Wem gehört die Natur? Was kann ich einfach mitnehmen? Und wie sieht ein verantwortungsvoller Umgang aus?

«Die Auseinandersetzung mit den Themen ist uns wichtig. Besuchende sind Teil davon»

In dieser Ausstellung lassen sich unzählige Anknüpfungspunkte finden, die man mit Klassen vor, während oder nach der Ausstellung thematisieren und diskutieren kann. Im Vordergrund stehen nicht einfache Antworten, sondern das Abwägen. «Die Auseinandersetzung mit den Themen ist uns wichtig. Besuchende sind Teil davon», sagt die Kuratorin Warring. Und letztlich sei die Ausstellung auch ein Schritt weg vom allwissenden Museum.

Infos zur Ausstellung

«Was wiegt Demokratie? Rechte von Natur und Mensch» im Museum Luzern. Die Ausstellung eignet sich ab der 5. Klasse und ist mindestens zwei Jahre lang zu sehen. Für Schulen gibt es passende Unterrichtsmaterialien sowie zahlreiche Vermittlungsangebote wie Theatertouren oder ein Debattierclub zum Thema «Natur und Recht». Mehr Informationen: museumluzern.ch

Autor
Jonas Wydler

Datum

26.02.2025

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