Grosse Herausforderungen für die Schulen
Die Kinder aus dem Rückkehrzentrum Enggistein besuchen alle die Schulen der Schulgemeinde Worb. In anderen Rückkehrzentren werden Kinder und Jugendliche aber auch intern beschult, bevor sie ausserhalb des Zentrums an einer Schule in eine Regelklasse integriert werden.
Die Herausforderungen bei der Beschulung der Kinder aus den Rückkehrzentren ist gross. Das Dilemma dabei: Einerseits haben diese Kinder ein Recht auf Bildung und den damit verbundenen Schulbesuch. Andererseits lässt der abgelehnte Asylantrag und die damit verbundene Nothilfesituation kaum eine Unterstützung der Familien zu, die unter anderem für eine Förderung der Kinder und Jugendlichen wichtig wäre.
«Diese Kinder bräuchten eine umfassende Begleitung, um sich auf das Lernen einlassen zu können.»
«Diese Kinder und Jugendlichen bringen einen grossen Rucksack an Belastungen mit sich und sind psychisch nicht unversehrt», sagen Tae Woodtli und Oliver Rüesch, Schulleiterin Zyklus 1 und Schulleiter Zyklus 3 der Schulgemeinde Worb unisono. Daneben gibt es weitere Probleme: fehlende Sprachkenntnisse etwa. Oder auch der Umstand, dass viele dieser Kinder «schulungewohnt» seien, wie Woodtli ausführt. «Sie bräuchten eine umfassende Begleitung, um sich auf das Lernen einlassen zu können.»
Die Eltern seien zudem oft nicht in der Lage, ihre Kinder angemessen zu unterstützen. «Sie haben andere Sorgen und sind sich aus ihren Herkunftsländern auch nicht gewohnt, dass die Schularbeit nicht mit dem Schulschluss beendet ist», sagt Woodtli. Wegen des Aufenthaltsstatus ist es möglich, dass die Kinder und Jugendlichen von heute auf morgen das Land verlassen müssen. «Dies hat auch schon dazu geführt, dass sich Kinder nicht mehr auf eine Freundschaft mit einem Kind aus dem Rückkehrzentrum einlassen wollten aus Sorge darum, dass diese jederzeit beendet sein könnte», erzählt Woodtli.
Im Zyklus 3 kommen weitere Probleme hinzu: «Die Jugendlichen aus dem Rückkehrzentrum stehen niveaumässig oft an einem ganz anderen Ort als die anderen Schülerinnen und Schüler», sagt Rüesch. Die grösste Herausforderung sei aber die Planung der Zukunft: «In der Oberstufe befassen sich die Jugendlichen mit ihrer Zukunft und der Berufswahl.» Für die Schülerinnen und Schüler aus dem Rückkehrzentrum sei eine solche Zukunftsplanung nicht möglich: «Das ist für diese sehr frustrierend», stellt Rüesch fest.
«Die Rückkehrfähigkeit der Jugendlichen wird nicht erhalten, indem sie ohne Beschäftigung ausharren müssen.»
Nach der Schule folgt die Leere
Eine solche Situation erlebt Ursula Fischer zurzeit gerade bei einer Familie mit: «Ihr Kind wird im Sommer aus der Schule kommen. Eine Berufsausbildung wird aber nicht möglich sein.» Denn: Jugendliche mit abgewiesenem Asylantrag können keine Lehre machen. Möglich ist es, ein zehntes Schuljahr zu absolvieren. Harrt die Familie aber weiter in ihrer Rückkehrsituation aus, stellt sich spätestens danach die Frage, was nun mit dem Jugendlichen geschieht.
Aus Fischers Sicht ist das eine unbefriedigende Situation. «Die Eltern wollen oder können nicht ausreisen, also bleiben auch ihre Kinder da. Die Rückkehrfähigkeit der jungen Menschen wird aber nicht erhalten, indem sie ohne Beschäftigung ausharren müssen.» Im Gegenteil: «Wichtig wäre, sie könnten spezifische Kompetenzen erwerben, die ihnen auch bei einer Rückkehr dienlich wären.» Dies ist auch das Fazit der Publikation der eidgenössischen Migrationskommission: Es gelte, im Interesse der Kinder und der Gesellschaft, die Bildungs-, Arbeits-, Integrations- und Rückkehrfähigkeit der Heranwachsenden zu erhalten.
Für Fischer ist klar: Sie will sich so oder so weiterhin für die Familien in der Nothilfe einsetzen. Vor allem auch den Kindern und Jugendlichen zuliebe. Freiwillig. Von Mensch zu Mensch.