Silvia Steiner im Gespräch

«Die integrative Schulung ist ein Grundpfeiler der Gesellschaft»

Die Zürcher Bildungsdirektorin Silvia Steiner war bis letztes Jahr Präsidentin der Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektorinnen und -direktoren (EDK). Ihre Amtszeit wurde vom Lehrplan 21, der Coronapandemie und der integrativen Schule geprägt. Nun zieht sie Bilanz.

Silvia Steiner trägt einen blauen Blazer.
Während der Amtszeit von Silvia Steiner als EDK-Präsidentin gab es einige Krisen, welche die Schule gefordert haben. Foto: Anja Kutter/Staatskanzlei Zürich

Bildung Schweiz: Sie waren acht Jahre lang EDK-Präsidentin. Welche Veränderung in der Bildungslandschaft waren Ihrer Meinung nach prägend in dieser Zeit?

Während meiner Zeit als EDK-Präsidentin gab es einige nicht vorhersehbare Krisen, die das Schulfeld stark gefordert haben. Zum Beispiel der Krieg in der Ukraine, aber allen voran die Coronapandemie. In dieser Zeit wurden die Schulen zum allerersten Mal landesweit geschlossen. Diese Erfahrung hat den Bildungsbereich nachhaltig geprägt und uns allen gezeigt, wie wichtig der Schulalltag für Kinder und Jugendliche ist. Diese Zeit war für die Schulen ein enormer Stresstest, der allen Beteiligten viel abverlangt hat.

«Die Coronapandemie hat gezeigt, wie engagiert der Bildungsbereich arbeitet.»

Aber es hat sich auch gezeigt, wie engagiert im Bildungsbereich gearbeitet wird. Die Pandemie war zudem ein Treiber für die Digitalisierung in der Schule sowie für neue Lehr- und Lernformen. Viele Fragen bezüglich Digitalisierung müssen aus pädagogischer Sicht noch beantwortet werden. Ich denke da zum Beispiel an den Umgang mit digitalen Hilfsmitteln im Unterricht, an den Einfluss der sozialen Medien auf Kinder und Jugendliche oder an die Nutzung von künstlicher Intelligenz in der Schule. Da gibt es noch viel Klärungs- und Handlungsbedarf.

Es ist auch Kritik an der integrativen Schule aufgekommen. Was müsste man Ihrer Meinung nach daran ändern?

Die integrative Schulung von Schülerinnen und Schülern ist ein Grundpfeiler unserer Gesellschaft. Wenn Integration in der Schule nicht gelingt, wird es später umso schwieriger. Aber keine Frage: Integration im Schulalltag ist anspruchsvoll. Deshalb müssen wir den Schulen den entsprechenden Gestaltungsraum geben und Lehrpersonen entlasten. Andernfalls riskieren wir, dass die Attraktivität des Lehrberufs abnimmt. Die Herausforderungen bleiben gross. Die Frage ist aber nicht, ob wir eine integrative Schule wollen oder nicht. Wir haben einen klaren gesetzlichen Auftrag. Er steht in der Bundesverfassung und im Behindertengleichstellungsgesetz. Das Ziel muss sein, Kinder mit speziellen Bedürfnissen so gut wie möglich zu integrieren, aber gleichzeitig ihre individuellen Bedürfnisse und Entwicklungsmöglichkeiten zu wahren – ebenso wie die Interessen der anderen Schülerinnen und Schüler.

Wo konnte die Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektorinnen und Erziehungsdirektoren (EDK) während Ihrer Präsidentschaft Akzente setzen?

Die EDK hat trotz grosser Herausforderungen durch die genannten Krisen in den letzten Jahren wichtige Akzente gesetzt. Zu Beginn meiner Präsidentschaft war die Mitwirkung der EDK bei der Umsetzung des Lehrplans 21 gefragt. Und in diesem Jahr haben wir mit der Verabschiedung eines gesamtschweizerischen Rahmenlehrplans für die gymnasialen Maturitätsschulen (WEGM) einen Meilenstein erreicht. Mit dem neuen Lehrplan werden die Maturandinnen und Maturanden besser auf künftige Herausforderungen vorbereitet. Zudem hat die EDK gerade in Krisenzeiten ihre Rolle als Stimme der Kantone gegenüber dem Bund wahrnehmen können.

Autor
(red)

Datum

07.02.2025