Bildung Schweiz: Schülerinnen und Schüler sollen im Schweizer Bildungswesen mitentscheiden können. Wo vor allem?
FABIAN CAMENISCH: Oft geht vergessen, dass die Schülerinnen und Schüler die grösste und wichtigste Stakeholdergruppe im Bildungswesen sind. Sie sind die Direktbetroffenen bei jeglichen Änderungen, von Klassengrössen bis zu neuen Lehrplänen und Änderungen im Fächerkanon. Als aktuelles Beispiel sei das Projekt zur Weiterentwicklung der Gymnasialen Maturität (WEGM) genannt, wo die Stimme der Schülerschaft wieder nicht genügend miteinbezogen wurde, während Rektorinnen, Rektoren und Lehrpersonen von Anfang an in der Projektgruppe vertreten waren. Ich bin der Meinung: Sobald eine Änderung die Schülerinnen und Schüler betrifft, müssen diese miteinbezogen werden. Lehrpersonen oder Schulleitungen würden sich wehren, wenn ohne Anhörung über deren Köpfe entschieden würde. Darum soll auch die Schülerschaft miteinbezogen werden. Sie ist den Entscheiden noch mehr ausgeliefert.
«Sobald eine Änderung Schülerinnen und Schüler betrifft, müssen sie miteinbezogen werden.»
Sie möchten einen nationalen Bildungsraum. Warum sollen die Kantone das Bildungswesen abtreten?
Hier muss ich präzisieren: Den Kantonen soll nicht jegliche Kompetenz weggenommen werden. Es soll durchaus Raum bleiben, um auf kantonale Besonderheiten Rücksicht nehmen zu können. Man denke an meinen Heimatkanton Graubünden mit seiner Dreisprachigkeit. Jedoch ist eine möglichst weitgehende Harmonisierung zu befürworten. Das erhöht die Chancengleichheit, da nur durch eine Harmonisierung die Vergleichbarkeit der Abschlüsse gewährt werden kann. Heute ist es zudem normal und üblich, dass Kinder und Jugendliche während der Schulzeit den Wohnkanton wechseln. Das kann beispielsweise aufgrund eines Jobwechsels der Eltern der Fall sein. Je einheitlicher das Bildungswesen in den Kantonen ist, desto weniger Schwierigkeiten macht dann ein solcher Wechsel. Der Lehrplan 21 oder auch das WEGM-Projekt sind hier Schritte in die richtige Richtung.
Die Schülerschaft wechselt ständig: Ältere gehen, Junge kommen nach. Wie können Sie trotz fehlender Kontinuität Projekte vorantreiben?
Die häufigen Wechsel, sowohl in unserem Vorstand als auch bei den Schülervertretungen in den Schulen, sind tatsächlich eines unserer grössten Probleme. Innerhalb der Union der Schülerorganisationen (USO) begegnen wir diesem damit, dass Vorstandsmitglieder auch noch bis maximal drei Jahre nach ihrer Schulausbildung im Amt bleiben können. Einige ehemalige Vorstandsmitglieder bleiben in einem Beirat und ausserdem haben wir ein Sekretariat, das auch etwas Kontinuität bieten soll. Der Fluktuation in den Schulen können wir nur begegnen, indem wir uns darum bemühen, den Kontakt zu ihnen aufrechtzuerhalten. Trotzdem sind die vielen Wechsel der Hauptgrund dafür, dass die USO in den letzten Jahren nicht so aktiv sein konnte, wie sie es gerne wäre.