Bildungsbericht Schweiz 2023

Der Lehrpersonenmangel bleibt bestehen

Mindestens bis 2031 gibt es zu wenige Lehrerinnen und Lehrer. Obwohl weniger Lehrpersonen in Pension gehen werden, bleibt die Nachfragelücke bestehen.

Ein leeres Schulzimmer.
Der Lehrpersonenmangel begleitet uns mindestens bis 2031. Foto: 12019/Pixabay

Der Mangel an Lehrpersonen beschäftigt Schweizer Schulen und Behörden. Viele Faktoren beeinflussen das Problem, etwa die Anzahl Pensionierungen im Bildungswesen oder der Zustrom neuer Lehrpersonen. Der Bildungsbericht Schweiz 2023 arbeitet einige Fakten dazu auf – aber nicht alle, wie Sie hier im Standpunkt von Beat Schwendimann lesen können.

Lehrpersonen bleiben ihrem Beruf treu

Für Diskussionen sorgt immer wieder die Frage, ob Lehrpersonen ihrem Beruf treu bleiben oder ihn rasch wieder verlassen. Gemäss Bildungsbericht trifft Ersteres zu, zumindest für Lehrpersonen an obligatorischen Schulen im Alter unter 55 Jahren. Im Verlauf von fünf Jahren blieben 83 Prozent im Lehrberuf. Zwar wechselten sie die Schulen oder die Unterrichtsstufen, nicht aber ihre Arbeit.

Von den Aussteigerinnen und Aussteigern haben nur 6 Prozent das Schulwesen komplett hinter sich gelassen. Andere wechselten etwa in Schulleitungen, in die Lehrerinnen- und Lehrerbildung, in die Bildungsverwaltung oder in andere bildungsnahe Sektoren. Rund die Hälfte der Personen, die aus dem Beruf ausgestiegen sind, nahm die Lehrtätigkeit später sogar wieder auf. Die höchste Wiedereinstiegsquote verzeichnen mit fast 60 Prozent Frauen, die ihre Stelle verlassen hatten, weil sie Mutter wurden.

Der Einfluss von Pensionierungen

Die Demografie hat einen grossen Einfluss auf den Lehrpersonenmangel. Werden mehr Lehrende pensioniert als ausgebildet, entstehen Lücken, die kurzfristig nicht geschlossen werden können. Gemäss Bildungsbericht verlassen aufgrund der Pensionierung jährlich 3 Prozent der Lehrpersonen den Schuldienst. Die Autorinnen und Autoren des Bildungsberichts gehen jedoch davon aus, dass diese Zahl in den nächsten zehn Jahren stark zurückgeht.

Stabiler Beschäftigungsgrad

Was sich gemäss Bildungsbericht die letzten Jahre nicht geändert hat, ist der Beschäftigungsgrad der Lehrpersonen. Sie arbeiten im Schnitt 65 Prozent – trotz Mangel an Personal, wie die Autorinnen und Autoren schreiben. Der hohe Anteil an Teilzeitpensen zeichne den Lehrberuf sogar aus.

«Der Beruf wird unter anderem deshalb gewählt, weil die Vereinbarkeit von Beruf und Familie durch Teilzeitarbeit begünstigt wird», heisst es im Bericht. Das führe dazu, dass bei einem Beschäftigungsgrad von durchschnittlich 65 Prozent ein Drittel der verfügbaren Ressourcen nicht ausgeschöpft werde. Dazu kommen noch die Personen, die temporär oder permanent nicht mehr als Lehrerin beziehungsweise Lehrer arbeiten.

Mehr Frauen heisst nicht mehr Teilzeit

Wie viel Prozent eine Lehrperson arbeitet, unterscheidet sich von Kanton zu Kanton stark. So gibt es Kantone mit vielen Kleinpensen und andere, wo kaum eine Lehrperson unter 50 Prozent arbeitet. Zudem bleiben diese kantonalen Unterschiede über die Jahre stabil – ein Hinweis darauf, dass ausser kulturellen auch institutionelle und strukturelle Gründe eine Rolle spielen. Dazu gehört etwa, wie eine Schule organisiert ist oder wie die Pensen zugeteilt wurden. Die Autorinnen und Autoren des Berichts betonen, dass sich tiefe Beschäftigungsgrade nicht einfach durch einen hohen Frauenanteil im Lehrpersonal erklären lassen. Denn die Beschäftigungsgrade unterscheiden sich kantonal deutlich, nicht aber die Frauenanteile.

Ausserdem sind niedrige Pensen nicht immer freiwillig gewählt. Gerade Berufseinsteigerinnen und -einsteiger möchten nach einem Jahr Unterrichten oft ihr Pensum erhöhen, können dies aber nicht. Hier gibt es laut Bildungsbericht unausgeschöpftes Potenzial. Entsprechende organisatorische Massnahmen könnten im Schnitt rund 8 Prozent mehr Arbeitsressourcen schaffen. Das würde allein für die Primarstufe dem Äquivalent von über 400 Vollzeitstellen entsprechen.

Lehrpersonenmangel bleibt bestehen

Doch das allein würde den Mangel an Lehrpersonen auch nicht beseitigen. Bis 2031 wird der Bedarf an Lehrpersonen um 6 Prozent steigen. Doch prognostiziert der Bildungsbericht, dass dank den rückläufigen Pensionierungen jedes Jahr weniger Lehrpersonen fehlen. Ausserdem steigt die Zahl der Abschlüsse an den pädagogischen Hochschulen. «Damit dürfte sich das Angebot an neu ausgebildeten Lehrkräften in den kommenden Jahren der Nachfrage etwas mehr annähern», heisst es abschliessend. «Die Nachfragelücke bleibt aber bestehen.»

Autor
Kevin Fischer

Datum

15.05.2023

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