Digitale Bildung

Braucht es ein kantonales Handyverbot?

Müssen die Kantone die Handynutzung auf dem Schulgelände verbieten? Oder haben die Schulen alles im Griff? Die Aargauer Bildungsdirektorin Martina Bircher und ihr Amtskollege aus dem Kanton Uri, Gerorg Simmen, sind unterschiedlicher Meinung.

Die beiden Vorstehenden von Bildungsdirektionen Georg Simmen und Martina Bircher haben unterschiedliche Meinungen darüber, wie die Handynutzung geregelt werden soll. Fotos: ZVG/Beni Basler

Handyverbote sind oft nicht mehr als Symbolpolitik – gut gemeint, aber wirkungslos.

Kaum ein anderes Thema wird in Schulen so leidenschaftlich diskutiert wie der Umgang mit dem Smartphone. Die Forderung nach generellen Handyverboten ist schnell erhoben. Doch eines zeigt die Erfahrung immer wieder: Verbote allein nützen selten. Sie animieren oft gerade dazu, Regeln zu unterlaufen oder sich heimlich darüber hinwegzusetzen. Handyverbote sind oft nicht mehr als Symbolpolitik – gut gemeint, aber wirkungslos.

Ein gesunder, reflektierter Umgang mit digitalen Medien fällt nicht vom Himmel.

Was aber niemand will: dass Schülerinnen und Schüler im Unterricht abgelenkt sind – durch Handys oder durch andere Störfaktoren. Konzentration, Präsenz und gegenseitiger Respekt sind Voraussetzungen für gutes Lernen. Das schulische Umfeld muss dies schützen und unterstützen.

Doch Handys sind Teil der Lebenswelt junger Menschen. Sie spielen im Familienalltag eine Rolle, in der Freizeit, in der Kommunikation. Die Schule darf das nicht ignorieren. Statt auf Abwehr zu setzen, sollte sie Jugendlichen Orientierung bieten. Denn ein gesunder, reflektierter Umgang mit digitalen Medien fällt nicht vom Himmel. Er muss gelernt, eingeübt und im Alltag erprobt werden.

Deshalb braucht es an den Schulen klare Regeln, keine Totalverbote. Regeln, die den schulischen Alltag schützen und gleichzeitig Raum lassen für medienpädagogische Nutzung, für Diskussion und Entwicklung von Medienkompetenz. Das Handy darf nicht der heimliche Feind im Schulranzen sein. Es soll da gebraucht werden dürfen, wo es Sinn ergibt, und schweigen, wo es stört. Die Schule soll ein Ort sein, an dem junge Menschen lernen, Verantwortung zu übernehmen – auch im digitalen Raum. Dafür braucht es keine Angst und keine starren Verbote. Es braucht Haltung, Vertrauen und klare Linien. Das ist anspruchsvoll, aber machbar. Und langfristig wirksamer.

Schulkinder brauchen im Umgang mit dem Handy Begleitung.

Die Volksschule ist ein Ort, an dem Kinder lernen und persönlich wachsen. Während Lehrpersonen ihnen Wissen, Fertigkeiten und Selbstvertrauen vermitteln, üben sie im Klassenverband den Umgang miteinander. Der Aargauer Regierungsrat hat den Schulen in der Vergangenheit bewusst viel Verantwortung übertragen, damit sie Unterricht und Schulalltag mit allen Herausforderungen optimal gestalten können. Dieses Prinzip gerät an seine Grenzen, wenn die Gesellschaft rasante Veränderungen wie den technologischen Fortschritt erlebt, bei dem wir neben allen Chancen lernen müssen, die Schattenseiten zu meistern.

Die Medienkompetenzen werden altersgerecht und ausgewogen vermittelt.

Schulkinder können mit der ständigen Information, Präsenz und Vernetzung durch digitale Medien oft noch nicht verantwortungsbewusst umgehen und brauchen Begleitung. Indem wir die Nutzung elektronischer Geräte an Schulen einschränken, schaffen wir Orientierung und Sicherheit, wodurch ruhiger und konzentrierter Unterricht möglich wird und die Pausen wieder Raum für direkte Gespräche, Spiele und spontane Begegnungen bieten. Die Medienkompetenzen werden altersgerecht und ausgewogen vermittelt, sodass die Schülerinnen und Schüler schrittweise lernen, moderne Kommunikationsmittel zu nutzen – und auch wieder beiseitezulegen.

So verbinden sich kantonale Vorgaben mit schulischer Gestaltungsfreiheit – ein bewährtes Prinzip, das Praxisnähe und pädagogische Professionalität respektiert. Ich bin überzeugt, dass der Kanton mit der einheitlichen Regelung und der Präventionsarbeit bei Eltern und Kindern einen Standard setzt, der das Lernen der Kinder stärkt, ohne dabei die digitale Zukunft aus den Augen zu verlieren. Diese Überzeugung stützen die vielen positiven Rückmeldungen seitens Schülerinnen und Schülern sowie Lehrpersonen und Eltern, die ich in den vergangenen Wochen erhalten habe.

Autor
(red)

Datum

17.11.2025

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