Die beiden Frauen ergänzen sich im Gespräch natürlich, neckisch, aber ohne sich gegenseitig ins Wort zu fallen. Die Chemie stimmt und wird auch im Podcast hörbar. Das kommt nicht von ungefähr, denn D’Alpaos und Locher arbeiten schon seit acht Jahren stufenübergreifend zusammen. Sie schätzen das gemeinsame Gespräch, den Ideenaustausch und das gegenseitige Feedback. Ausserdem bringt jede ihre Stärken und ihren persönlichen Stil ein. D’Alpaos sei sehr kreativ und stecke voller Ideen, erzählt Locher. Umgekehrt sei Locher stets sehr engagiert und mache keine halben Sachen.
Nur Ähms werden gelöscht
Für die Aufnahmen in der Schulbibliothek des Schulhauses Rosenau bereiten sie abwechselnd jeweils das Thema und ein paar Fragen vor, wie D’Alpaos erklärt. «Wer vorbereitet, führt dann auch das Gespräch, damit es nicht ausufert.» Ansonsten gibt es keine Regeln. «Für die Gespräche haben wir kein Skript. Wir sprechen einfach frei von der Leber weg», sagt Locher. Nur Ähms und längere Sprechpausen werden aus der Aufnahme gelöscht.
Die Geschichten und Themen kommen direkt und ungefiltert aus dem Schulalltag. Dieser – und natürlich die Freuden und Launen der Jugendlichen – bietet den Lehrerinnen genug Stoff. So authentisch wie die Schulbibliothek als Podcast-Studio soll auch das Gespräch sein.
Gelästert wird aber nicht. Sie wollen im Podcast niemanden blossstellen – besonders nicht die Schülerinnen und Schüler. Denn D’Alpaos und Locher mögen ihre Schützlinge, auch wenn nicht immer alles rosig ist. Wichtig sei, dass auch die Identität der Jugendlichen geschützt bleibt. «Nur sie selbst können sich vielleicht in den Anekdoten wiedererkennen», so Locher.
«Wir wollen zudem ehrlich sein und auch sagen können, wenn wir beispielsweise im Unterricht etwas falsch gemacht haben.»
Mit Ironie sind die Lehrerinnen ebenfalls möglichst zurückhaltend, um Missverständnisse zu vermeiden. Ganz auf Humor verzichten können und wollen die Kolleginnen jedoch nicht. «Das würde dem Gespräch den ganzen Schwung nehmen», ist D’Alpaos überzeugt. «Wir wollen zudem ehrlich sein und auch sagen können, wenn wir beispielsweise im Unterricht etwas falsch gemacht haben.»
Episoden als Momentaufnahmen
Mit ihrer Zwüschestund haben die Podcasterinnen nicht den Anspruch, abschliessende Diskussionen zu führen. Sie greifen ein Thema auf und diskutieren offen darüber – auch über heisse Eisen wie die Selektion oder standardisierte Prüfungen. «Wir sind nicht immer einer Meinung», sagt D’Alpaos. Es komme vor, dass sie zu einem Thema zunächst noch keine Meinung habe. Diese entstehe manchmal erst während der Vorbereitung oder im Gespräch.
«Zu Beginn hatte ich schon Angst vor Shitstorms.»
So wie sich Schule und Bildung ständig verändern, sind auch die Episoden eher Momentaufnahmen. «Unsere Gespräche sind nie endgültig. Wir haben unsere Meinungen zu bestimmten Themen im Verlauf der Zeit auch geändert», sagt Locher. Sie erzählt auch von der Sorge, sich und ihre Ansichten mit dem Podcast öffentlicher Kritik auszusetzen: «Zu Beginn hatte ich schon Angst vor Shitstorms.»
Akustische Flüchtigkeit
Die anfänglichen Befürchtungen blieben jedoch unbegründet. Das Feedback sei mehrheitlich wohlwollend, berichten die Lehrerinnen. «Wir bekommen viel positives Feedback über Instagram oder per Mail», sagt Locher erleichtert. Auch deswegen ist der Podcast das optimale Medium für das Lehrerinnenduo. Die akustische Flüchtigkeit verhindert Eskalationen, wie man sie aus Facebook- und anderen Kommentarspalten kennt. Denn bei Podcasts ist es schwieriger, einzelne Aussagen aus dem Kontext zu reissen und die Macherinnen mit verbalen Vernichtungsschlägen zu bekriegen.
Exponiert sind Locher und D’Alpaos dennoch. Immerhin sind es oft Berufskolleginnen und -kollegen, die sich den Podcast anhören. Diese verfügen über entsprechendes Fachwissen. «Ich wurde auch schon kritisiert, weil mir nicht bewusst war, dass die Stellwerktests, die wir im Berufswahlunterricht einsetzen, kostenpflichtig sind», erzählt D’Alpaos. Tragisch sei das nicht. «Es kann passieren, dass wir etwas Falsches sagen oder etwas nicht wissen.»
Wer sich exponiert, lernt dazu
Das Dazulernen ist wichtig für die Lehrerinnen. Es gehört zu ihrer Zwüschestund. Sie wollen die Themen nicht einfach abhandeln, sondern lebendig diskutieren und Erkenntnisse gewinnen. «So entstand zum Beispiel meine neue Sitzordnung», erzählt Locher. Sie habe einmal von Schwierigkeiten berichtet. Daraufhin habe D’Alpaos ihr geraten, die Sitzordnung zu ändern. «Darum lohnt sich der Podcast für mich. Wir sind so ständig im Austausch.»
«Wir wollen keine Influencerinnen sein. Das ist zu anstrengend, weil man ständig produzieren und posten muss»
Nach nunmehr einem Jahr und fast 20 Episoden hat die Zwüschestund eine treue Hörerschaft. Jede Episode wird rund 300 Mal heruntergeladen. Locher und D’Alpaos wollen vorerst weitermachen, auch wenn das Produzieren mit Recherche, Aufnahme, Schnitt und Upload viel Arbeit mit sich bringt. «Wir haben noch viele neue Ideen», sagen sie. Mit Social Media und Werbung bleiben die Lehrerinnen aber zurückhaltend. «Wir wollen keine Influencerinnen sein. Das ist zu anstrengend, weil man ständig produzieren und posten muss», so D’Alpaos.
Das Podcast-Handwerk gibt den Lehrerinnen auch den Raum, um über ihren Job nachzudenken und ihn zu hinterfragen. Was sieht der Berufsauftrag überhaupt vor? Ist ein Sporttag wirklich sinnvoll? Oder: War die Klasse vielleicht anstrengend, weil man selbst etwas falsch gemacht hat? Dieses Reflektieren schätzt Locher. «Der Podcast ist halt mehr als ein Hobby. Er bereichert auch meinen Schulalltag.»