Bericht zur Sprachkompetenz

Wer aus der Schule kommt, kann besser Englisch als Französisch

Mit der Überprüfung der Grundkompetenzen (ÜGK) zum Spracherwerb soll herausgefunden werden, wie gut die Harmonisierung der Schweizer Bildungslandschaft voranschreitet.

Schülerinnen und Schüler schreiben eine Prüfung
Rund 18'500 Schülerinnen und Schüler nahmen an der Erhebung der sprachlichen Grundkompetenzen teil. Foto: iStock/kali9

Wie gut schneiden Schweizer Schülerinnen und Schüler im Sprachunterricht ab? Um diese Frage zu klären, untersuchte die eidgenössische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektorinnen und -direktoren (EDK) die Sprachkompetenzen von rund 18'500 Schülerinnen und Schülern in rund 1800 Schulen. Alle Kantone ausser Zug beteiligten sich an der Erhebung. Am Donnerstag, 22. Mai, wurden an einer Medienkonferenz in Bern die Resultate vorgestellt.

Erstmals wurden Schülerinnen und Schüler am Ende der obligatorischen Schulzeit, also nach dem 11. Schuljahr, auf ihre Sprachkompetenz getestet. Zahlen von früher, die einen Vergleich zulassen würden, existieren also nicht.

Untersucht wurden mehrere Aspekte des Spracherwerbs. Bei den Schulsprachen Deutsch, Französisch und Italienisch wurden die beiden Bereiche Lesen und Rechtschreibung getestet, bei den Fremdsprachen Deutsch, Französisch und Englisch das Hör- und Leseverstehen. Wie Andrea Erzinger, Mitverfasserin der Studie, an der Medienkonferenz erklärte, seien die zu erreichenden Grundanforderungen von der EDK festgelegt worden. Beim Erwerb der Zweitsprache gilt etwa das Zielniveau A2.2, was im internationalen Vergleich eher hoch angesetzt ist.

Welche Ergebnisse kamen zutage?

Im Bereich Lesen der Unterrichtssprache erreichen durchschnittlich 82 Prozent der Schülerinnen und Schüler die geforderten Grundkompetenzen. Die Spannbreite von Kanton zu Kanton ist jedoch gross: Sie reicht von 69 (Appenzell Innerrhoden) bis 87 Prozent (französischer Teil des Wallis). Im Bereich Orthografie der Schulsprache Deutsch erreichen 84 Prozent der Schülerinnen und Schüler die Grundanforderungen. Mit 79 Prozent bildet Appenzell Innerrhoden das Schlusslicht, während Uri mit 91 Prozent oben aufschwingt.

Im Bereich Lesen der Unterrichts- beziehungsweise der Schulsprache erreichen durchschnittlich 82 Prozent der Schülerinnen und Schüler die geforderten Grundkompetenzen. Die Spannbreite unter den Kantonen ist jedoch gross: Sie reicht von 69 Prozent im Appenzell Innerrhoden bis zu 87 Prozent im französischen Teil des Wallis. Im Bereich Rechtschreibung der Schulsprache Deutsch erreichen 84 Prozent der Schülerinnen und Schüler die Grundanforderungen. Mit 79 Prozent bildet Appenzell Innerrhoden das Schlusslicht, während Uri mit 91 Prozent obenaus schwingt.

Wenn es um den Erwerb der Zweitsprache geht, erreichen deutlich weniger Schülerinnen und Schüler die Grundkompetenzen: Beim Leseverständnis von Französisch sind es in der Deutschschweiz lediglich 51 Prozent, wobei die Werte von 41 Prozent im Kanton Glarus bis zu 66 Prozent im deutschsprachigen Teil des Kantons Wallis variieren. Bemerkenswert ist, dass die Resultate beim Englisch deutlich besser sind. Im Bereich Leseverständnis erreichen durchschnittlich 75 Prozent, beim Hörverstehen gar 85 Prozent der Schülerinnen und Schüler die Grundanforderungen.

Welche Schlüsse zieht die EDK nun aus diesen Zahlen? Zuerst einmal erinnert sie an den Zweck der Übung: Die Bundesverfassung verpflichte die Kantone dazu, das Schulwesen zu harmonisieren. «Bei den Grundkompetenzen der Schulsprache stellen wir mit Freude fest, dass diese Harmonisierung gut vonstattengeht», sagte EDK-Präsident Christophe Darbellay vor den Medien. Obwohl statistische Vergleichswerte fehlen würden, lasse sich sagen, dass die Systeme in den Kantonen vor zehn Jahren noch sehr unterschiedlich gewesen seien und so auch die Ergebnisse.

«Wer in Genf oder am Bodensee wohnt, ist wenig motiviert Deutsch oder Französisch zu lernen.»

Auch habe sich gezeigt, dass Englischkenntnisse in der heutigen Gesellschaft unabdingbar seien und die Schülerinnen und Schüler darin auch eine bessere Leistung erbrächten als in der zweiten Landessprache. Seine etwas bittere Erkenntnis: «Wer in Genf oder am Bodensee wohnt, ist wenig motiviert, Deutsch beziehungsweise Französisch zu lernen.» Aber die Schweiz müsse ihre sprachliche Vielfalt pflegen. Für das Zusammenleben seien Kenntnisse in einer anderen Landessprache wichtig. Darum müsse man die Landessprachen wieder attraktiver machen. Etwa in Form von vermehrten Klassenaustauschen zwischen den Sprachregionen oder mittels Skilagern ennet der Sprachgrenze. Die Daten der ÜGK stünden nun den Kantonen zur Verfügung und würden ihnen die Möglichkeit bieten, vertiefte Analysen durchzuführen.

LCH ist besorgt

Darbellay bedankte sich bei allen Lehrpersonen in der Schweiz. Diese würden hervorragende Arbeit leisten, wie er betonte. Der Dachverband der Lehrerinnen und Lehrer Schweiz (LCH) äussert indes grosse Sorge um die Entwicklung des Fremdsprachenunterrichts. Insbesondere die unterschiedlichen Leistungen in Französisch und Englisch würden zeigen, dass die Voraussetzungen für einen erfolgreichen Fremdsprachenunterricht fehlen würden. «Denn die gesetzten Ziele sind unrealistisch», heisst es in einer Medienmitteilung. Das erklärte Ziel der EDK, wonach am Ende des Zyklus 3 Englisch und eine zweite Landessprache gleichwertig beherrscht werden sollten, rücke in weite Ferne. Unter anderem fordert der LCH die Verantwortlichen nun dazu auf, die Ergebnisse der ÜGK sorgfältig zu analysieren.

Autor
Alex Rudolf

Datum

22.05.2025

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