Bücher & Medien

Was beschäftigt junge Frauen heute?

Das Buch «Genauso nur anders» fragt nach, was Mädchen und junge Frauen heutzutage besonders beschäftigt, und zeigt, dass manche Fragen und Zweifel dieselben bleiben.

Zwei junge Frauen blicken selbstbewusst in die Kamera. Foto: istock/ASphotowed
Das Buch gewährt Einblicke in die Gedankenwelt einer Generation. Foto: istock/ASphotowed

Erwachsenwerden ist kein Zuckerschlecken. Erst recht nicht für junge Frauen – die müssen auf ihr Gewicht achten. Zumindest vermitteln Mode, Medien und Social Media immer noch regelmässig dieses und viele weitere Klischees. Über das, was Mädchen und junge Frauen denken und fühlen, sagt dies allerdings wenig aus.

Im Buch «Genauso nur anders» fragten die Autorinnen Andrea Arežina und Salome Müller direkt bei jungen Menschen in Deutschland, Österreich und der Schweiz nach. In kurzen Interviews und Monologen erzählen diese offen von Dingen, die sie beschäftigen und manchmal auch belasten.

Kapuzenpullover für den Heimweg

«Nicht der tiefe Ausschnitt ist das Problem, sondern der Typ, der dich dumm anmacht», erzählt zum Beispiel Camilla. Als junge Frau hat sie schon oft gehört, dass Mädchen sich für Partys nicht zu aufreizend anziehen und auf dem Heimweg sicherheitshalber einen Kapuzenpullover tragen sollen. Camilla erzählt von Angst, Übergriffen und auch von den Unsicherheiten, die sie vor dem ersten Sex hatte.

Die Autorinnen reduzieren das Leben von jungen Menschen jedoch nicht nur auf Schönheitsideale, Sex und Freundschaftsfragen. Sie erzählen auch vom ersten Rausch oder sprechen darüber, wie sie Leistungsdruck, politisches Engagement und die Suche nach einer eigenen Identität erleben. Anna erzählt von ihrem Glauben und darüber, dass ihr Beten nicht immer leichtfällt. Es sind tabubehaftete Themen, wo Unwissenheit die Unsicherheiten Heranwachsender noch bestärkt. Umso angenehmer ist die Offenheit, mit der das Buch an die Themen herangeht. Die erste Liebe und das Verliebtsein dürfen trotzdem nicht fehlen. Die 13-jährige Eva erzählt davon, wie schön es ist, verliebt zu sein. Sie beobachtet aber auch genau, welches Verhalten die Schwärmerei bei ihr und ihren Freundinnen auslöst.

Eine Generation, die das binäre Denken hinterfragt

Das Buch schafft auch Raum für Fragen rund um LGBTIQ. Denn mehr als je zuvor werden heute Geschlechtsidentitäten hinterfragt. Transmann Yuri berichtet vom Aufwachsen als Mädchen und der Schwierigkeit, sich eine Zukunft vorzustellen. «Ich konnte mich nicht als Frau sehen, es fühlte sich nicht richtig an.» River wiederum bezeichnet sich einfach als queer. «Ich gehe über gesellschaftliche Normen hinaus», sagt sie und erzählt, wie sie für sich eine Identität und eine Community gefunden hat.

Die Texte sind kurz und abwechslungsreich. Die jungen Menschen erzählen anonym, ihre Namen wurden geändert. Sie gewähren ehrliche, kleine Einblicke in die grossen Gedankenwelten einer Generation, die im Spannungsfeld von Klimakrise, Metoo, Social Media und neuen Kriegen ihren Weg finden muss.

Sinnvoll mit aktuellen Fakten bereichert

Jedes Kapitel ergänzen die Autorinnen mit Hintergrundwissen und aktuellen Entwicklungen wie Beispiel kostenlosen Tampons an Schulen als Massnahme gegen sogenannte «Periodenarmut», Statistiken zu Alkoholkonsum oder über Gewalt in jugendlichen Paarbeziehungen. Auch diese Sachtexte sind kurzgehalten und beschränken sich auf wesentliche, aktuelle Informationen. Sie unterstreichen das Erlebte und Gefühlte der vorangegangenen Worte.

Das Buch ist auch für Erwachsene interessant

Die Autorinnen wollen mit den Beiträgen zeigen, dass junge Menschen mit ihren Fragen und Ängsten nicht alleine sind. So eignet sich die Lektüre für junge Menschen genauso wie für ältere Leserinnen und Leser, die verstehen wollen, was Junge umtreibt. Denn die grossen Fragen haben sich alle schon gestellt, auch wenn die gesellschaftlichen Umstände andere waren.

Am meisten überzeugt das Buch damit, dass es die jungen Menschen selbst zu Wort kommen lässt. Auch die Illustrationen zu den jeweiligen Texten stammen von einer Teenagerin. Denn nur so kann man eine Generation abseits der Klischees, die Mode, Medien und Social Media vermitteln, kennenlernen.

Autor
Patricia Dickson

Datum

29.01.2024

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