Sach-Comic

Schweizer Comic erzählt von der Flucht aus Afghanistan

Warum flüchten Menschen aus ihrem Land und was erleben sie auf ihrem Weg? Der Schweizer Illustrator Patrick Oberholzer blickt mit seinem neuen Sach-Comic «Games» nach Afghanistan und gibt Geflüchteten eine Stimme.

Auf der Landkarte von Iran ist das Gesicht einer jungen Frau eingezeichnet.
Afsaneh ist eine der Geflüchteten, die in «Games» ihre Geschichte erzählen. Illustrationen: Patrick Oberholzer/Splitter Verlag

Afghanistan. Das Land weckt auch bei Schweizerinnen und Schweizern viele Assoziationen – viele davon sind vage. Die Nachrichten erzählen von Krieg und Zerstörung, von Menschen, die flüchten. Oft überschlagen sich die Ereignisse und es ist schwierig, den Überblick zu behalten. Der Schweizer Illustrator Patrick Oberholzer schaut mit seinem neuen Comic «Games» genauer auf das Land und seine Leute.

Die Taliban sind zurück

Schnell wird klar: Das Land ist seit Langem Spielball von Grossmächten. Oberholzer berichtet vom Rückzug des britischen Empires, vom Kalten Krieg und geht bis zur Rückkehr der Taliban von 2021, nachdem die letzten ausländischen Truppen Afghanistan verlassen haben. Diese Informationen und Fakten allein wären trocken, würde Oberholzer nicht auch illustrieren, was sie für die Afghaninnen und Afghanen tatsächlich bedeuten. Darum erklärt er, wie eine Flucht abläuft, welche Routen genommen werden und welche Kosten oder Gefahren damit verbunden sind.

Fünf Schicksale

Im Zentrum des Comics stehen denn auch nicht die harten Fakten, sondern die Erlebnisse geflüchteter Menschen. Der Illustrator hat mit fünf Personen über ihr Leben und ihre Fluchtgeschichte gesprochen. Vier geflüchtete Männer, Hamid, Muhammed, Nima und Ziya sowie eine geflüchtete Frau, Afsnaeh, berichten von ihren Erfahrungen – und von ihren «Games». Der Titel bezieht sich auf einen Begriff, den Flüchtlinge für die Versuche verwenden, über die Grenze zu gelangen. Oft braucht es dafür mehrere Games. Das ist spannend und vermittelt eindrücklich, was Menschen auf sich nehmen, um in ein sicheres Land zu gelangen. Oberholzer räumt den Menschen in «Games» viel Platz ein. Die Entwürfe seiner Zeichnungen hat Oberholzer den Rückmeldungen seiner Protagonistinnen und Protagonisten entsprechend verfeinert. Er zeigt ihre Sicht der Dinge.

Mehr als Sprechblasen

Der Comic ist niederschwellig. Er setzt nicht voraus, dass Leserinnen und Leser es gewohnt sind, Wort und Bild kombinieren zu können, um die Geschichte zu verstehen. Viel mehr illustrieren die Zeichnungen, was die Protagonistinnen und Protagonisten in kurzen Abschnitten erzählen.

«Games» ist ein moderner Comic mit den bekannten Erzählelementen: Sprechblasen, Lautmalereien und starken Bildern, die manchmal ineinander überfliessen. Als Sach-Comic liegt die Stärke von «Games» in den Fakten: Hintergrundinformationen liefert er in kurzen, gut portionierten Abschnitten. Die Zeichnungen dazu sind grafisch stilvoll, aber nicht beschönigend. Statistiken stellt Oberholzer mit einfachen Infografiken dar, um die Zahlen zugänglicher zu machen. Der Comic präsentiert ausgewählte Zahlen, beispielsweise über die Demografie Afghanistans, Fluchtgründe und über Afghaninnen und Afghanen, die im Iran leben. Für die Leserinnen und Leser ist «Games» auf jeden Fall eine gute Gelegenheit, sich ein besseres Bild von Land und Leuten zu machen.

Comic für die Schule

Zum Comic ist Unterrichtsmaterial erhältlich. Das Download-Paket kostet fünf Franken und besteht aus verschiedenen Übungen zur Geografie Afghanistans, zum Leseverständnis sowie aus Inputs für Diskussionen, Rollenspiele und Bildbetrachtungen. Die Materialien entstanden in Zusammenarbeit mit Schweizer Lehrpersonen. Mehr Informationen: patrick-oberholzer.ch/download/games

Autor
Patricia Dickson

Datum

21.02.2024

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