Lüften im Klassenzimmer

Ohne Frischluft kein Lernen

Obschon heute klar ist, dass Frischluft fürs Lernen eine grosse Rolle spielt, werden noch immer Schulen ohne Lüftung gebaut. Deshalb ein Auffrischer dazu, warum Lüften Sinn macht und wie richtig gelüftet wird – auch bei Hitze und Pollenflug.

Bored schoolgirl and her friends on a class in the classroom.
Bei stickiger Luft lernen Schulkinder schlechter und sie sind weniger produktiv. Foto: iStock/skynesher

Seit der Coronapandemie weiss man besser als je zuvor: Gute Luftqualität in Räumen ist wichtig – und meistens verschlechtert sie sich schneller als erwartet. Gerade im Sommer wird sie ausser von Kohlendioxid (CO2) noch von weiteren Faktoren belastet. Steht nur die Fensterlüftung zur Verfügung, stellt sich deshalb die Frage: Sollte man auch dann regelmässig lüften, wenn dadurch Hitze, Feuchtigkeit und Pollen ins Schulzimmer quellen?

Gesundheit und Lernverhalten

Grundsätzlich lautet die Antwort Ja. In geschlossenen Räumen nimmt die CO2-Belastung schneller zu, je mehr Personen anwesend sind. Der Dachverband Lehrerinnen und Lehrer Schweiz (LCH) weist in verschiedenen Dokumenten darauf hin, dass sich eine zu hohe CO2-Belastung negativ auf das Lernen der Schülerinnen und Schüler auswirkt. Zudem leiden die Leistungsfähigkeit, das Wohlbefinden und letztlich die Gesundheit der Klassen und Lehrpersonen.

Eine zu hohe CO2-Belastung wirkt sich negativ auf das Lernverhalten aus.

So argumentiert auch ein Faktenblatt des Bundesamts für Gesundheit (BAG) aus dem Jahr 2022. Vorteile des Lüftens seien unter anderem weniger Gesundheitsbeschwerden wie Kopfschmerzen oder Müdigkeit, weniger ausgeprägte Symptome bei Personen mit Atemwegserkrankungen wie Asthma und eine bessere Produktivität sowie intellektuelle Leistungsfähigkeit. Auch das Ansteckungsrisiko mit Infektionskrankheiten wie Corona oder Masern wird so vermindert.

Doch ist das Thema Luftqualität noch vielschichtiger: Im 2018 veröffentlichten Gesundheitsbarometer vom LCH und dem Westschweizer Gegenstück Syndicat des enseignant·es romand·es (SER) listen die Verbände verschiedene Punkte auf, die für die Gesundheit von Lehrpersonen an ihrem Arbeitsplatz relevant sind. Dabei werden bezüglich Luftqualität nicht nur Anforderungen an das CO2-Level, sondern auch an die Luftfeuchtigkeit und -temperatur gestellt.

Hitze und Feuchtigkeit

Zu hohe Luftfeuchtigkeit stört nicht nur das Wohlbefinden. Sie fördert in Räumen auch Schimmelbildung, was wiederum allergische und hygienische Probleme verursachen kann. Lüften kann die Luftfeuchtigkeit senken. Auch Entfeuchter können bei diesem Problem helfen.

Obschon auch im Sommer regelmässig gelüftet werden sollte, hilft das offene Fenster gegen Hitze vor allem nachts. Tagsüber ist es im Sommer weniger nützlich. Im Gesundheitsbarometer wird deshalb empfohlen, gegen Hitze auf Beschattungsmöglichkeiten zu setzen, also etwa Aussenstoren. Auch Ventilatoren und ähnliche Hilfsmittel können für Kühlung sorgen. Abgesehen davon sollten aber alle nicht benötigten elektrischen Geräte abgeschaltet werden, damit ihre Abwärme die Luft nicht zusätzlich erhitzt.

Die zunehmend heissen Sommer beeinträchtigen die Raumluft aber nicht nur durch höhere Temperaturen im Zimmer. Forschende haben einen Zusammenhang zwischen der höheren Hitze und einer zunehmenden Aggressivität von Pollen für Allergikerinnen und Allergiker festgestellt. Wie soll man in Klassenzimmern am besten lüften, wenn Schülerinnen, Schüler oder Lehrpersonen auf Pollen reagieren – besonders, wenn nur Fensterlüftung möglich ist? Heuschnupfen hat schliesslich ebenfalls negative Auswirkungen auf die schulische Leistung.

Dieser Frage ist die Technische Universität München nachgegangen. Sie kommt zum Schluss, dass das regelmässige Stosslüften am besten hilft, die Pollenkonzentration in Räumen niedrig zu halten – besser als dauerhaft gekippte oder ganz offene Fenster. Auch regelmässiges Staubwischen hilft gegen Pollen, da sich diese im Staub ablagern. Gut zu wissen ist zudem, dass Pollen nicht nur über Fenster ihren Weg in einen Raum finden: Leute transportieren sie auch auf ihren Kleidern nach drinnen – was sich besonders bemerkbar macht, wenn in einem Raum viele Menschen ein- und ausgehen. In Klassenzimmern ist Stosslüften gegen Heuschnupfen deshalb eine gute Option.

Korrektes Fensterlüften

Trotz der Wichtigkeit frischer Luft werden auch heute noch neue Schulen gebaut, die kein Lüftungskonzept haben. Zum Beispiel weiss Beat A. Schwendimann, Leiter Pädagogik beim LCH, von einem entsprechenden Fall in Graubünden. Man wollte Geld sparen, indem man die Lüftung in letzter Sekunde strich. Alte Schulen werden ebenfalls aus Kostengründen nicht aufgerüstet (mehr zu technischen Lüftungshilfen siehe Box). Meistens bleibt deshalb die wirksamste – und einzige – Methode immer noch das Lüften mit Fenstern. Doch wie lüftet man richtig und effizient?

Das Faktenblatt des BAG gibt einige Tipps dazu. Steht nur eine Fensterlüftung zur Verfügung und gibt es keine elektrischen Hilfsmittel wie CO2-Messgeräte, empfiehlt es sich, nach einem festen Zeitplan zu lüften. Das ist effizienter, als sich auf das Gefühl oder die Nase zu verlassen, denn oft werden die Fenster so zu spät geöffnet. Generell empfiehlt das BAG, stündlich zu lüften, im Schulzimmer gar alle 20 bis 25 Minuten. Für das Erstellen von Lüftungsplänen wird auf das Onlinetool simaria.ch verwiesen.

Das BAG empfiehlt, in Schulzimmern alle 20 bis 25 Minuten zu lüften.

Beim Lüften sollten stets alle Fenster vollständig geöffnet werden. Falls möglich, sollte dabei jedes Mal Durchzug erzeugt werden. In einem Schulzimmer kann das bedeuten, dass die Tür zum Gang und die Fenster im Gang selbst geöffnet werden müssen.

Am Morgen und am Nachmittag, bevor der Unterricht startet, und in den langen Pausen sollten die Räume vollständig durchgelüftet werden. In der Heizperiode sollte auch bei Kälte und trockener Aussenluft mindestens fünf Minuten gelüftet werden. Ist es aber besonders kalt, windig oder wird quergelüftet, reichen drei Minuten.

Technische Lüftungshilfen

Es gibt einige Hilfsmittel, die zu einer guten Luftqualität beitragen können. Werden Räume zum Beispiel statt manuell automatisch gelüftet, verbessert das die Luftqualität deutlich. Das zeigt unter anderem eine Raumluft-Messkampagne an Schulen, die von der unabhängigen Plattform «MeineRaumluft.ch» in Zusammenarbeit mit dem LCH durchgeführt worden ist.

CO2-Messgeräte zeigen, wann es Zeit zum Lüften ist. Das ist zuverlässiger als Lüften nach Gefühl. Das BAG empfiehlt, idealerweise ab einem Wert von 1000 ppm zu lüften, spätestens aber bei 1400 ppm («Parts per Million» – ein Promille eines Promille). Das Lüften sollte den CO2-Wert auf 500 ppm senken.

Soll die Temperatur gesenkt werden, sind Beschattungsvorrichtungen wie Aussenstoren ideal. Ausserdem sollten Sitzplätze nicht direktem Sonnenlicht ausgesetzt sein. Weiter helfen Klimaanlagen, Ventilatoren und ähnliche Geräte. Eine besondere Lösung, die äusserst energiesparend ist, haben einige Schulen in Basel-Stadt installiert: Sie bauen mit Windtürmen auf eine Technologie aus dem alten Persien. Die Funktionsweise ist simpel: Nachts speichern die Türme kühle Luft, tagsüber wird diese ans Gebäude abgegeben. Warme Luft geben sie nach aussen ab. Das funktioniert aber nur, wenn die Luft in der Nacht auch abkühlt, also keine Tropennächte vorherrschen.

Um die Feuchtigkeit zu reduzieren, helfen nebst dem Lüften auch Luftentfeuchter. Ist es zu trocken – etwa in der Heizperiode – helfen nebst kürzerem Lüften Luftbefeuchter.

Weiter im Netz

Erstellen von Lüftungsplänen:
simaria.ch


Lüftungstipps für Schulen des BAG:
schulen-lueften.ch


Faktenblatt «Richtig Lüften» des BAG:
bag.admin.ch > Gesund Leben > Wohngifte > Gesundes Wohnen > Korrektes Lüften und Heizen

Gesundheitsbarometer für Lehrpersonen des LCH und des SER:
lch.ch > Menü > Publikationen > Leitfäden


Ergebnisse einer Raumluft-Messkampagne in Schulen:
meineraumluft.ch > Service > Download Schlussbericht Schulmesskampagne 2020

Autor
Kevin Fischer

Datum

10.09.2024