Die Turnhalle ist ein Raum voller Möglichkeiten, wo Bewegung spielerisch gefördert werden kann. Doch wie begeistert man eine heterogene Klasse aus Schülerinnen und Schülern, die in Sachen Sport unterschiedlich interessiert und talentiert sind? Damit niemand unter- oder überfordert ist, rät Barbara Egger, Co-Präsidentin des Schweizerischen Verbands für Sport in der Schule (SVSS), Spiele so zu gestalten, dass alle integriert sind und etwas beitragen können.
Dies gelingt zum Beispiel mit individuellen Herausforderungen. So kann man Fortgeschrittene anweisen, ihre Technik zu verbessern oder zusätzliche Hindernisse zu überwinden. Andere wiederum profitieren von der Ermutigung, sich auf leichtere Aufgaben zu fokussieren und jeweils dort die Schwierigkeit zu erhöhen, wo sie sich sicher fühlen.
«Steht der Spass im Vordergrund, steigt die Motivation bei allen.»
Nicht alle können gleich gut sein
Angepasste Spielformen sollen ermöglichen, dass alle auf ihrem Niveau mitspielen können. Egger empfiehlt auch, dabei leistungshomogene und leistungsheterogene Gruppen abzuwechseln. Für Egger ist klar, dass nicht alle gleich gut sein können. Wichtig sei zu erkennen, dass alle irgendwo ihre Stärken haben. Dass Vergleichen im Sport wichtig sei für die Entwicklung. Das diene auch der Klassengemeinschaft: «Sportskanonen können ihre Kolleginnen und Kollegen auch motivieren.»
Das gemeinsame Spiel ist so nicht zuletzt förderlich für den Zusammenhalt der Klasse. Und: «Steht der Spass im Vordergrund, steigt die Motivation bei allen – unabhängig vom Können. Wichtig ist vor allem, dass alle sich einbringen und Fortschritte erleben können.» Der SVSS hat darum zusammen mit dem Verband Swiss Olympic Materialien zusammengestellt, mit denen Lehrpersonen im Sportunterricht gezielt Werte wie Respekt, Freundschaft und Leistung fördern können. Darunter sind wertevermittelnde Spielformen, Kooperationsspiele und auch eine Vorlage für eine Ethik-Charta.
«Ein gutes Spiel muss freudvoll, herausfordernd und der Ausgang nicht vorhersehbar sein.»
Im Sportunterricht sind Spiele eine Chance, Leistungsunterschiede zu vergessen und sich der Bewegungsfreude hinzugeben. Damit sind sie mehr als ein blosser Zeitvertreib. «Ein gutes Spiel muss freudvoll, herausfordernd und der Ausgang nicht vorhersehbar sein», ist Egger überzeugt. Der Schlüssel dazu liege in der Herausforderung und in der Abwechslung. Denn neue Situationen verlangen jeweils neue Strategien. Folgende fünf Spielideen bieten Gestaltungsfreiraum und sorgen für Abwechslung und neue Herausforderungen. Sie stammen vom SVSS, vom Ingold Verlag und von Éducation Physique et du Sport.
1. Parcours zu zweit: Voran geht’s nur gemeinsam
Das braucht’s: Zweierteams, Geräte für verschiedene Hindernisse (abhängig von der Anzahl Teams) eine Augenbinde oder zwei Bänder, um Arm und Beine aneinander zu binden. So geht’s: Jedes Team startet bei einem anderen Hindernis. Entweder hat jemand die Augen verbunden und wird von der anderen Person geführt, oder die Paare werden je an Arm und Bein aneinandergebunden. Nun müssen sie die Hindernisse zusammen überwinden. Das bringt’s: Zusammenarbeit, Erfolgsgefühl und Geschicklichkeit.
2. Verfolgungsjagd: Dribbeln und Rennen
Das braucht’s: Dreiergruppen, ein Ball, ein paar Matten oder Reifen als «Schutzhütten». So geht’s: Zwei Personen verfolgen eine dritte Person, die einen Ball dribbelt. Ziel ist es, die Dribblerin oder den Dribbler mit der Hand zu berühren. Gelingt dies, wird der Ball übergeben und die Rollen werden gewechselt. Die Dribblerin oder der Dribbler kann sich auf eine Matte oder in einen Reifen retten. In solchen Schutzhütten muss der Ball weiter geprellt werden. Wenn sich jemand Zweites aus einer anderen Gruppe in die Schutzhütte retten will, muss die erste Person diese freigeben. Das bringt’s: Abwechslung, Geschicklichkeit und Kondition.
3. Brennball, aber anders: mehr Bälle oder verschiedene Distanzen
Das braucht’s: einen Ball oder andere Wurfobjekte wie zum Beispiel Frisbee, Tennisball oder Wurfringe, mehrere Turnmatten. So geht’s: Brennball muss nicht zwangsläufig in einem Rechteck aus vier Matten stattfinden. Je nach Saison können die Matten als Stern, Herz oder als Blume angeordnet werden. Das bringt auch Abwechslung in die Sprintdistanzen. Optional können auch zwei Bälle geworfen werden. Die Läuferin beziehungsweise der Läufer darf dann rennen, bis beide Bälle zurück im Brennmal sind. Das bringt's: Vielseitigkeit, Action und Tempo.
4. Perlen auffädeln: strategisch angreifen und verteidigen
Das braucht’s: zwei Teams à je fünf Personen, acht Malstäbe oder Kegel, Ringe. So geht’s: Das angreifende Team versucht, durch Weitergeben eine Perle (Ring) auf eine der acht Stäbe zu fädeln. Mit der Perle in der Hand darf man nicht laufen. Die Perle muss an ein Teammitglied weitergegeben beziehungsweise zugeworfen werden. Die gegnerische Mannschaft verteidigt die Stäbe und versucht, das Auffädeln zu verhindern. Dafür legen die Verteidigerinnen und Verteidiger jeweils eine Hand auf die Spitze eines Stabs. Das angreifende Team muss sich dann jeweils umorientieren und ein neues Ziel anvisieren. Darauf muss die Verteidigung reagieren. Sobald jemand erfolgreich eine Perle aufgefädelt hat, darf er oder sie eine neue Perle aus dem Vorrat holen und sie ins Spiel bringen. Nach fünf Minuten werden die aufgefädelten Perlen gezählt. Das bringt’s: Teamgeist, Aufmerksamkeit und Schnelligkeit.
5. Eier-Räuber: Balancieren für Fortgeschrittene
Das braucht’s: zwei Teams, pro Person zwei Stäbe (Keulen, Schlagstöcke oder Ähnliches), pro Team die gleiche Anzahl verschiedener Bälle. So geht’s: Jedes Team erhält gleich viele Bälle der gleichen Art. Die Bälle werden dann auf den beiden Stäben ausbalanciert einzeln von der gegnerischen in die eigene Zonetransportiert. Das Team, das zuerst alle Bälle dort deponiert hat, gewinnt. Das Spiel kann nach Belieben variiert werden: Tragen in Zweierteams, verschiedene Hindernisse oder zusätzliche Bedingungen, wie sich mit dem Ball auf den Stäben zuerst hinsetzen und dann wieder aufstehen – oder um die eigene Achse drehen, bevor der Ball abgelegt wird. Das bringt’s: Geschicklichkeit, Koordination und Kooperation.