«Ich sehe mich als Sparringpartner mit einem breiten Erfahrungsschatz in der Bewältigung schwieriger Situationen», betont Frey. Seine Arbeit als Schulpraxisberater ziele aber nicht nur auf punktuelle Hilfe ab, sondern auch auf nachhaltige übergeordnete Ziele und Lösungen. Während seiner Lehrtätigkeit habe er sich viel mit der Aufmerksamkeitsdefizit/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) oder der Autismus-Spektrum-Störung auseinandergesetzt, aber auch mit Vernetzung, positiver Beziehungsgestaltung, Classroom Management und Stärkung. Diese Erfahrung prägt nun sein Vorgehen als Coach. «Ich versuche, Impulse für ein inklusives Miteinander zu geben», erklärt Frey. Neben seiner Arbeit in den Schulen als Berater gibt Frey auch in seinem Podcast «Schuelfrey – Der Schulpodcast mit Herz, Haltung und Humor» praktische Tipps zum Umgang mit schwierigen Teenagern, Mobbing oder Schulabsentismus.
Unterstützung in der täglichen Praxis
Die Schulpraxisberatung unterstützt Lehrkräfte und Schulleitungen bei ihrer täglichen Arbeit. Das gilt für pädagogische und didaktische Fragen, die Unterrichtsplanung und -gestaltung sowie für die Bewältigung verschiedenster Herausforderungen im Schulalltag. Die Hochschule der Künste Bern bietet eine Weiterbildung für Schulpraxisberatung als CAS an. Derzeit ist sie die einzige Institution mit einem solchen Angebot. Studienleiter Andreas Cincera hat den einjährigen Kurs 2013 ins Leben gerufen und bildet seitdem jährlich elf bis zwölf Personen aus. «Teilnahmevoraussetzung ist eine mehrjährige Berufserfahrung als Lehrperson», erläutert er. Ziel des Studiengangs sei es, Kenntnisse in pädagogischer Psychologie und Didaktik zu aktualisieren und Beratungskompetenzen zu entwickeln. Dabei liege ein Schwerpunkt auf Gesprächsführung und Feedback-Kultur, so der Studienleiter.
Zur Motivation der CAS-Teilnehmenden sagt Cincera: «Sie kennen die Herausforderungen in den Schulen alle aus eigener Erfahrung und möchten andere Lehrpersonen aus kollegialer Sicht stärken.» Im Kurs würde deshalb besondere Aufmerksamkeit auf die Entwicklung von Stärken und Ressourcen gelegt, statt auf die blosse Erteilung von Ratschlägen.
Eskalation vermeiden
Auch Sammy Frey kennt die Probleme, mit denen Lehrpersonen im Alltag konfrontiert sind, aus eigener Erfahrung. Seine Laufbahn begann er 2006 als Sekundarlehrer. 2018 wechselte er an eine Sonderschule, wo er von Anfang an schwierigen Situationen begegnete. «Gleich am ersten Tag wurde ich angespuckt und musste mich mit herausforderndem Verhalten auseinandersetzen.» Dadurch habe er schnell gelernt, sein eigenes Verhalten anzupassen und pragmatische Lösungen zu finden, um Eskalationen zu vermeiden, erklärt er. Aufgrund seiner Erfahrungen in der Sonderschule und seiner Ausbildung als Schulpraxisberater durfte er für die Stadt Zürich Schulberatungen durchführen. Beratung und Unterstützung gehören zum Angebot für sonderpädagogische Massnahmen. Das machte ihm so grossen Spass, dass er diese Aufgabe vor zwei Jahren zu seinem Beruf machte.
Der Bedarf an Unterstützung sei gross und vielschichtig, so Frey. Die Anfragen reichten von einmaliger Beratung bis hin zu längeren Begleitungen über ein halbes Jahr. «Mein Schwerpunkt liegt auf der Unterstützung und dem Coaching der Lehrpersonen. Einzelarbeit mit Kindern oder Klasseninterventionen gehören dabei nicht zu meinem Aufgabengebiet», erläutert er und ergänzt, dass die Grenzen zur Schulsozialarbeit und Schulpsychologie auch immer wieder mal verschwimmen würden, insbesondere bei der Zusammenarbeit mit Kindern und Eltern.
«Oft reicht es schon, die Lernmethoden anzupassen, um ein besseres Lernumfeld zu schaffen.»
Etwa 60 Prozent der Anfragen kommen von Lehrpersonen und 40 Prozent von Schulleitungen. Meist würden sich Lehrpersonen per E-Mail bei ihm melden, wenn sie in einer herausfordernden Situation nicht mehr weiterwüssten. Dann gehe es immer darum, schnell umsetzbare Lösungen zu finden, um den Unterricht wieder effizienter und harmonischer zu gestalten. «Gerade bei Berufseinsteigerinnen und Berufseinsteigern sind es oft unklare Aufgabenstellungen, die zu Unruhe in der Klasse führen. Dann reicht es oft schon, mit der Lehrperson die Lernmethoden anzupassen, um ein besseres Lernumfeld zu schaffen», erklärt Frey seinen pragmatischen Ansatz.
Praktikable Umsetzung
Seine Arbeit beginnt er in der Regel in der Klasse, wo er den Unterricht beobachtet, Notizen macht und eine Situationsanalyse durchführt. Anschliessend teilt er mit der Lehrperson seine Beobachtungen. Gemeinsam entwickeln sie Verbesserungsmassnahmen. Anstelle von rein theoretischen Tipps gehe es schlicht um einfache und praktikable Lösungen. Das soll weitere Überforderungen und zusätzliche Arbeit vermeiden.
Zur Veranschaulichung beschreibt Frey einen Fall aus einem Kindergarten, bei dem ein Kind immer wieder aus dem Unterricht weglief. «Einmal pro Woche gingen die Kinder in den Wald. Die Lehrperson war am Anschlag und wollte das Kind deshalb schon gar nicht mehr mitnehmen.» Freys Lösung: Er baute zusammen mit dem Kind im Wald ein Zelt aus einem Tuch. Anstatt wegzurennen, konnte es sich fortan dort verstecken. «Dank dieser einfachen, schnell umsetzbaren Massnahme hatte das Kind nicht mehr das Bedürfnis wegzulaufen, wenn es überfordert war. Und die Lehrperson wusste immer, wo es war», so Frey. In diesem Fall sei es vor allem darum gegangen, positive Erfahrungen zu schaffen und das Kind so positiv zu stärken. Damit sei auch die Lehrperson gestärkt worden, erklärt er seine Herangehensweise.