KURZINTERVIEW

«Spielen Frauen, kommen eher junge Menschen und Familien ins Stadion»

Zum Start der Europameisterschaft der Frauen in der Schweiz stellt BILDUNG SCHWEIZ drei Fragen an Franziska Schild. Die ehemalige Spitzenfussballerin ist für den Frauenfussball bei den Berner Young Boys verantwortlich. Sie erzählt, was sie sich von der diesjährigen EM und vom schulischen Sportunterricht erhofft.

Ein Ball fliegt über den Rasen, weil eine Fussballerin in gekickt hat.
Heute gibt es in der Schweiz rund 40'000 als Fussballerinnen lizenzierte Mädchen und Frauen. Dennoch gilt Frauenfussball immer noch als Nischensport.

BILDUNG SCHWEIZ: Am 2. Juli startet die Fussball-Europameisterschaft (EM) der Frauen. Der Grossanlass findet in der Schweiz statt. Was bedeutet das für junge Fussballerinnen?

FRANZISKA SCHILD: Die EM in der Schweiz ist enorm wichtig. Bislang fand Frauenfussball in der breiten Öffentlichkeit relativ wenig Beachtung. Für junge Spielerinnen ist es sehr schön und wichtig, wenn sie ihre Idole quasi vor der eigenen Haustür im Stadion spielen sehen können. Ich erinnere mich an die Europameisterschaften der Männer 2008, die in der Schweiz und Österreich ausgetragen wurden.

Dieses Turnier löste einen riesigen Fussballboom aus, und ich erhoffe mir dieselbe Wirkung von der EM diesen Sommer – mit einem hoffentlich nachhaltig positiven Einfluss auf die Entwicklung des Frauenfussballs in der Schweiz.

Sie finden, dass Frauen- nicht mit Männerfussball verglichen werden sollte. Warum?

Es sind zwei unterschiedliche Produkte mit anderem Zielpublikum. Spielen Frauen, kommen eher junge Menschen und Familien ins Stadion. Sie geniessen den Eventcharakter des Spiels. Beim Männerfussball kommen eher langjährige Fans, die sich stark mit dem Verein identifizieren. Wegen der unterschiedlichen körperlichen Voraussetzungen der Geschlechter ist Frauenfussball ein wenig langsamer. Das ist aber in jeder anderen Sportart auch der Fall.

Es steckt viel weniger Geld im Frauenfussball – das macht ihn sympathischer.

Frauenfussball ist zudem weniger theatralisch und ehrlicher. Wird bei einem Frauenmatch eine Pflegerin aufs Feld gerufen, ist in der Regel jemand verletzt. Und: Es steckt viel weniger Geld im Frauenfussball – das macht ihn sympathischer. In Sachen Finanzen sollten wir den Männern daher auch nicht nacheifern. Es würde schon ausreichen, wenn Fussballerinnen einen fairen Lohn erhalten, von dem sie gut leben könnten. Das ist heute leider noch nicht überall der Fall.

Wie kamen Sie zum Fussball?

Durch meine zwei Brüder. Wir spielten viel in der Freizeit. Anfang der 1990er-Jahre waren Fussball spielende Mädchen noch sehr ungewöhnlich. Als ich in der Sekundarschule war, fragte mich eine Kollegin für das neu gegründete Burgdorfer Mädchenteam an. Da sagte ich zu und freute mich, mit Gleichgesinnten spielen zu können. Die Zeiten haben sich stark geändert. Heute gibt es in der Schweiz rund 40'000 als Fussballerinnen lizenzierte Mädchen und Frauen. Das sind mehr, als wenn man beim Eishockey oder im Unihockey Frauen und Männer zusammenzählt. Dennoch wird in den Medien suggeriert, dass es sich um eine Nischensportart handelt, was es längst nicht mehr ist.

Sportlehrpersonen an den Schulen eine grosse Rolle.

Dass der Frauenfussball noch nicht in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist, zeigt auch ein Blick auf die Pausenplätze. Es sind fast nur Jungen, die sich in der 10-Uhr-Pause oder in der Freizeit in einem spontanen Match messen. Es gibt also sicher noch Aufholbedarf. Dabei spielen auch die Sportlehrpersonen an den Schulen eine grosse Rolle. Spielen Mädchen im Turnunterricht regelmässig Fussball, ist auch die Chance grösser, dass sie dies anschliessend auf dem Pausenhof oder im Verein tun.

Autor
(red)

Datum

01.07.2025

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