Rund 80 Jugendliche, mehrheitlich junge Männer im dritten Lehrjahr, füllen die kleine Aula. Unter ihnen sind angehende Elektroinstallateure, Netzelektrikerinnen, Montage-Elektriker sowie Floristinnen. Sie besuchen das BWZ Berufs- und Weiterbildungszentrum im aargauischen Brugg. Auf dem Podium stehen vier Politiker verschiedener Parteien, die miteinander, aber auch mit den Jugendlichen, über die Zukunft der militärischen Dienstpflicht diskutieren: Martin Fricker (SVP), Beat Obrist (Jungfreisinnige Schweiz), Ruben Brönnimann (Junge Grüne, Aargau) und Martin Brügger (SP).
Aktivere politische Beteiligung
Das Thema ist aktueller denn je: Die gesellschaftliche Akzeptanz für höhere Rüstungs- und Militärausgaben ist angesichts Krisen und Kriegen höher als auch schon. Der Student Roman Bächler macht sich bereit für den Anlass, er moderiert ihn ehrenamtlich. Er ist eines von 110 Aktivmitgliedern des Vereins «Discuss it». Diese sind zwischen 18 und 30 Jahre alt und damit oft nicht viel älter als das Publikum. Das Ziel: Die Jugendlichen üben sich in der Diskussionskultur und erhalten Einblick in politische Themen.
In der Schweiz nimmt nur etwa ein Drittel der Stimmberechtigten zwischen 18 und 25 Jahren das Stimm- und Wahlrecht wahr. Das möchten die Verantwortlichen von «Discuss it» ändern. Der Verein stärke die demokratischen Kompetenzen. «Wir unterstützen die Entwicklung von Dialog- und Konfliktfähigkeit und fördern eine konstruktive Auseinandersetzung mit politischen Themen», sagt Raffael von Arx, Geschäftsleiter des Vereins. Die Organisation wolle damit ihren Beitrag zu einer lebendigen Demokratie leisten, in der alle gemeinsam die Zukunft gestalten. Das ist ein hohes Ziel und dafür besuchen die Vereinsmitglieder Schulen in der Deutsch- und in der Westschweiz. An Podiumsdiskussionen und Streitgesprächen begegnen sich Jugendliche und politische Akteure. Erreicht der Verein seine hohen Ziele?
Interessiert, aber eher passiv
Bei der Podiumsdiskussion in Brugg schlugen die verbalen Wogen manchmal hoch. Es gab auch Zwischenrufe. Der Moderator musste vehement zu mehr Disziplin und Diskussionskultur ermahnen. Dennoch ergab die Nachfrage bei Jugendlichen, dass viele lieber zuhören, als sich aktiv zu beteiligen. Kiero, der eine Lehre als Elektriker absolviert, beschäftigen eher Umweltthemen. Das Thema des Podiums habe ihn eigentlich nicht angesprochen, auch «weil ich selbst nicht in den Militärdienst will». Er habe es jedoch interessant gefunden, die Gegenargumente der Politiker zu hören. Die Aussage von Martin Fricker, dass Frauen, wenn sie die gleichen Rechte wie Männer erhalten, auch die gleichen Pflichten haben müssten, habe ihn zum Denken angeregt.
«Ich höre lieber zu und mache mir persönlich eine Meinung.»
Kiero und andere geben an, abstimmen zu gehen. Der angehende Elektroinstallateur Jonas hingegen sagt, er stimme nicht ab. «Mich beschäftigen politische Themen grundsätzlich nicht so, ausser die Konflikte, von denen man immer hört.» Jan, der ebenfalls Elektroinstallateur lernt, findet die Idee von «Discuss it» grundsätzlich gut. Aber auch er beteilige sich nicht aktiv am politischen Diskurs. Er fügt hinzu: «Ich höre lieber zu und mache mir persönlich eine Meinung.»
Diskussionskultur einüben
Melanie Aebi, Lehrerin für allgemeinbildenden Unterricht an der BWZ, bereitete ihre Klasse auf die Podiumsdiskussion vor: «Wir haben Unterlagen vom Verein erhalten. Sie sind hilfreich, um einen Zugang zum aktuellen Thema zu finden. Vor dem Anlass haben wir uns zudem intensiv mit dem Thema Dienstpflicht und der Service-citoyen-Initiative beschäftigt.»