Ein Eisberg im Wasser ist faszinierend. Er ist schön, majestätisch – und geheimnisvoll. Denn der grössere Teil davon ist unsichtbar. Das Bild eignet sich zur Beschreibung von Gruppendynamik. Wer mit anderen zusammenarbeitet, weiss, wovon die Rede ist: das zustimmende Gemurmel nach der einen Wortmeldung, der feixende Blick oder das demonstrative Gähnen bei einer anderen. Gruppendynamik passiert immer. Es lohnt sich also, sich damit zu befassen.
Die Eisbergtheorie
Der deutsche Berater, Teamentwickler und Buchautor Gerhard Friedl hat sich dazu die Eisbergtheorie zurechtgelegt. Sie orientiert sich am geschilderten Bild: Was sich über der Wasseroberfläche befindet, wird von dem darunter gesteuert und beeinflusst.
Das gilt überall, wo Menschen zusammentreffen. Sei es bei der x-ten Diskussion um den Abwasch der Kaffeetassen im Pausenraum, bei der Gruppeneinteilung in einer Klasse oder wenn sich Eltern und Lehrpersonen beim Elterngespräch gegenseitig versichern, nur das Beste für das Kind zu wollen.
Eisberge sind tückisch
Friedl empfiehlt deshalb, in solchen Prozessen einen Blick für die Beziehungsebene zu entwickeln und das Gespräch über das Gespräch zu üben. Für jene, die eine Gruppe führen, bedeutet dies zum Beispiel, ein auftauchendes Problem nicht einer Einzelperson zuzuschreiben, sondern zumindest eine gruppendynamische Ursache in Betracht zu ziehen.
Gruppen brauchen Eisbergmanagement. Aber Obacht! Eisberge sind tückisch. Sie lassen sich nicht immer managen. Wer berücksichtigt, was sich unter der Wasseroberfläche abspielt, vermeidet einen Schiffbruch jedoch eher als ein Ignorant auf der Kommandobrücke – wie jener damals im April 1912.